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Vom Öko-Plan zum Öko-Markt

Vam Öka-Plan zum Öka-Markt

11    Ralf-Dieter Brunowsky und Lutz Wicke ist es mit ihrem Buch »Der öko-Plan«
2 gelungen, die scheinba ren Widersprüche zwischen Umweltschutz und
3 marktwirtschaftlichem Gewinnstreben, zwischen Arbeitsplatzsicherung und Schutz der
4 natürlichen Lebensgrundlagen al s einen DenkfehIer zu entlarven. Sie legen neben einer
5 Anal yse der bisherigen Umweltpolitik ein Konzept vor,das die Marktwirtschaft für den
6 UmweItschutz aktiviert und ökologische Ziele konsequent mit ökonomischen vereint.
27    Die marktwirtschaftliche Ordnung hat wie keine andere Wohlstand, soziale
8 Sicherheit und individuelle Freiheit geschaffen, weil sie dem einzelnen Freiraum zur
9 Entfaltung gegeben und das Eigennutzstreben des Menschen in den Dienst der
10 Allgemeinheit gestellt hat. »Eigennutz ist nicht von vo rnherein unrnoralisch«, stellen die
11 Autoren des » öko-Plans« fest. »Es kommt nur darauf an, in welche Richtung er gelenkt
12 wird. « Als Beispiel führen sie den Energiesektor an .
313    Durch die Explosion der Energiepreise in den siebziger Jahren wurde der
14 Erfindergeist der Techniker angeregt. Während vorher die Energie und damit auch die
15 Umwelt unbedacht »verbraucht« wurde, entstand jetzt in kurzer Zeit ein ganz neuer
16 Wirtschaftszweig, der sich mit der Energieeinsparung befal3te.
417    Hier liegt auch der Schlüssel zum Erfolg für unsere Anstrengungen in Sachen
18 UmweItschutz. Wer sich etwas Neues zum Schutz der Umwelt einfallen läût, wer sich
19 umweltfreundlich verhält, muû belohnt werden, wer die Umwelt verschmutzt, soli dafür
20 aufkommen.
521    Knappe Güter haben in der Marktwirtschaft einen hohen Preis. Verschwendung
22 wird dadurch verhindert. Da s muf künftig auch für die Umwelt geIten. Die Natur konnte
23 bislang weitgehend zum Nulltarif verbraucht werden, während
24 Umweltschutzinvestitionen bei Verbrauchern und Unternehmen zu zusätzlichen Kosten
25 führten. Deshalb war es vielfach ökonomisch sinnvoll, die Umwelt zu belasten, anstatt
26 sich umweItfreundlich zu verhaIten. Diese verkehrte Logik war nicht Folge, sondern
27 vielmehr Umkehr marktwirtschaftlicher Prinzipien. »Wenn der Schutz der UmweIt
28 Gewinn bringt«, so Brunowsky und Wicke, »wird das Eigeninteresse so stark, daB
29 Umweltschutz gar nicht zu verhindern ist.«
630    Nicht der resignative Ausstieg aus der technischen Entwicklung, sondern die
31 konsequente Nutzung unseres innovatorischen Potentials hilft der Umwelt langfristig.
32 Der entscheidende Vorteil der Marktwirtschaft liegt in der Kraft zur Erneuerung und in
33 ihrer Effizienz.
734    Eine innovationsorientierte Umweltpolitik ist nicht nur der Schlüssel zur
35 Entlastung unserer Umwelt, sie schafft auch neue zukunftssichere Arbeitsplätze. Neue
36 Märkte haben die Eigenschaft, dynamisch zu wachsen, und bieten deshalb bessere
37 Arbeitsplatz- und Verdienstchancen als stagnierende Branchen. Die Umwelttechnologie
38 ist ein neuer Markt mit diesen Eigenschaften.
839    Für den Praktiker stellt sich die Frage, wie denn die ökologische Orientierung der
40 Marktwirtschaft konkret aussehen kann. Die ser Frage begegnen die Autoren im zweiten
41 Teil ihres Buches. Ihr Ma ûnahmenkatalog orientiert sich an der kon kreten
42 Umsetzbarkeit und nicht an utopischen Idealzielen. Mit der Differenzierung der
43 Kfz '-Steuer nach Lärm- und Schadstoffbelastung oder der beispielsweise in Berlin
44 bereits praktizierten Staffelung der Flughafenlandegebühren entsprechend der
45 Lärmintensität der einzelnen Flugzeugtypen verbinden sich marktwirtschaftliche Anreize
46 zum Kauf und zur Produktion umweltfreundlicher Motoren.
947    Den einzelnen Vorschlägen von Ralf-Dieter Brunowsky und Lutz Wicke liegt ein
48 Konzept zugrunde, das die Festlegung von Belastungsgrenzwerten ergänzt durch
49 ökonomische Anreize, die den Stand der Technik und damit das Niveau der Grenzwerte
50 dynamisch weiterentwickeln.
1051    Mit einer Politik, die den Schutz der Umwelt als ethisches Gebot, ab er auch als
52 ökonomische Chance begreift, werdenjetzt die strukturellen Weichenstellungen für neue
53 Arbeitsplätze und qualitatives Wachstum auf einem der wichtigsten Zukunftsmärkte
54 vorgenommen. Eine Umweltkonzeption, die zwar klare Ziele vorgibt, die möglichst
55 effiziente Erreichung der Ziele jedoch der Dynamik des Wettbewerbes überl äût, setzt
56 einen Innovationsprozeû in Gang, der uns nicht nur kostengünstige Verfahren zur
57 Umweltentlastung, sondern auch - wir sind in der Umweltdiskussion den meisten
58 Ländern einige Jahre voraus - einen internationalen Wettbewerbsvorteil garantiert. Im
59 Gegensatz zu anderen dirigistischen Plänen für die Zukunft unserer Wirtschaft liegt die
60 besondere Qualität des »öko-Plans« darin, dafs er uns dem »ökornarkt«, einer
61 ökologischen Marktwirtschaft also, konzeptionell entscheidend näherbringt.
noot 1
Kfz = Kraftfahrzeug

Die Zeil, 15.2. 1985