Jahrzehntelang sind Ganztagsschulen in | Die Ganztagsschule soll jetzt alles schmerzlos | |||||||
Deutschland verteufelt worden – vor allem | 35 | richten. Aber gegen die Pisa–Diagnose ist sie die | ||||||
konservative Kreise sahen in ihnen – mit Blick auf | falsche Therapie, bestenfalls eine Beruhigungspille | |||||||
die DDR – geradezu familienfeindlichen staatlichen | für Politik und Eltern. Der Hinweis auf andere Länder | |||||||
5 | Kindesraub. Diese ideologische Debatte hat dazu | zeigt dies. Viele Länder mit Ganztagsschulsystem | ||||||
geführt, dass Deutschland international den | schneiden noch schlechter ab als Deutschland, | |||||||
Anschluss verpasst hat. Eltern aber wollen zum | 40 | Luxemburg liegt sogar auf dem drittletzten Platz. | ||||||
großen Teil beide berufstätig sein und erwarten | Fazit: Die Ganztagsschule ist eine politische | |||||||
staatliche Unterstützung für eine gute | Antwort auf Pisa, keine sachlich–fachliche. Die | |||||||
10 | Kinderbetreuung. Es gibt aber auch gute | Debatte um Gesamtschulen hat uns gelehrt: Es | ||||||
bildungspolitische Gründe für Ganztagsschulen. | lohnt sich nicht, um den Namen zu streiten, auch | |||||||
Das hat uns nicht zuletzt die Schulstudie Pisa | 45 | hier geht es um Inhalte. Richtig ist aber trotzdem, | ||||||
gezeigt. Pisa hat aus meiner Sicht zwei Kernaussagen. | dass wir mehr Ganztagsangebote in Deutschland | |||||||
Erstens: Die Qualität des Unterrichts in | brauchen. Nicht um die schulischen Mängel zu | |||||||
15 | Deutschland muss verbessert werden. Zweitens: | beheben, sondern um die Vereinbarkeit von Familie | ||||||
Vor allem Kinder aus Zuwandererfamilien werden | und Beruf zu verbessern. Eine klassische | |||||||
in Deutschland schlechter gefördert als in anderen | 50 | Ganztagsschule ist aber nicht der richtige Weg. | ||||||
Staaten. Hier bieten Ganztagsschulen mehr Raum | Denn das bedeutete Pflichtunterricht von morgens | |||||||
für eine gezielte Förderung. Bis zum Jahr 2005 | bis spätnachmittags mit zwingender Teilnahme für | |||||||
20 | wollen wir für 40 Prozent der Schüler in den | die Schüler. Besser sind offene zusätzliche und | ||||||
Klassen fünf bis acht Ganztagsangebote | freiwillige Angebote am Nachmittag, die | |||||||
organisieren – und damit in Nordrhein–Westfalen | 55 | Verlässlichkeit für die Eltern sicherstellen. | ||||||
ein flächendeckendes Angebot schaffen. Schwerpunkt | Inhaltlich sollte ein solches Ganztagsangebot mit | |||||||
der Entwicklung muss aber die Grundschule | der Schule verknüpft sein und zum Beispiel | |||||||
25 | sein, hier wollen wir an 1000 von 3400 Schulen | folgende Möglichkeiten bieten: Hausaufgabenhilfe | ||||||
Ganztagsangebote einrichten. Ganztagsschule soll | unter fachlicher Aufsicht, Arbeitsgemeinschaften | |||||||
aber nicht Zwang für alle sein. Unser Konzept bietet | 60 | im sportlichen, kulturellen, sozialen und | ||||||
ein verlässliches, pädagogisches Programm für | ökologischen Bereich, Zusammenarbeit mit der | |||||||
alle, die es für ihre Kinder wollen und brauchen. | Jugendhilfe und den Vereinen – Lebensraum Schule | |||||||
30 | Allerdings sollte die Teilnahme an Angeboten, die | eben. Diese Angebote sollen und können nicht | ||||||
speziell der Lern–Förderung dienen, auch verpflichtend | kostenlos sein. Schon allein aus Gerechtigkeits | |||||||
gemacht werden können – für alle, die sie | 65 | gründen sollen nur die zahlen, die Ganztagsangebote | ||||||
brauchen. | auch wahrnehmen. |