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Direktoren, öffnet das Depot!

Direktoren, öffnet das Depot!

WERNER SCHULZE–REIMPELL

1    Berlin, München, Frankfurt – unsere    auch die Theatersammlung der Universität.
 Städte sind pleite. Die Kultur muss bei Sponsoren Sie erbt ständig Nachlässe und hat dadurch
 betteln gehen. Alle sind stolz auf ihre manches unzählige Male. Allein das zu
 Museen und haben doch eigentlich kein Geld katalogisieren geht über die Personalkapazi40
5 mehr für sie, vor allem nicht für Ausstellungen,40 tät. Also stehen die Sachen irgendwo in der
 geschweige denn für Ankäufe. Ecke.
2    Dabei könnten sie ganz leicht zu Barem5    Was in den USA, in Frankreich, Belgien,
 gelangen. Die Museumsleute müssten nur Holland gang und gäbe ist, gilt hierzulande
 einmal in die dunklen Ecken ihrer Magazine als Tabu. Auch der Internationale Museumsrat
10 schauen, wo seit Jahrzehnten verstaubt, was45 (Icom) wendet sich strikt gegen Verkäufe aus
 niemals das Licht der Öffentlichkeit sehen Museumsbeständen. Natürlich gibt es ein
 wird. Denn jeder Museumsdirektor kauft, was Problem. Entscheidungen sind nicht leicht zu
 er für kunstgeschichtlich wichtig und repräsentativ treffen. Wird nicht wie einst beim Ankauf
 hält, spätere Nachfolger aber indig15 auch beim Verkauf der Zeitgeschmack die
15 niert in die hintersten Kellerräume verbannen.50 Kriterien bestimmen? Es ist noch nicht lange
 Fünf, höchstens zehn Prozent eines Museumsbestandes her, da hätte man sich nur allzu gern von
 bekommen die Besucher zu sehen. Historizismus und Art déco getrennt. Mittlerweile
 Alles andere liegt im Dornröschenschlaf. erfolgte eine wesentliche Neubestimmung,
 Doch ein Prinz lässt sich nur selten blicken. gefolgt von erheblichem Interesse an
320    Aber wenigstens zu Geld machen lässt sich55 diesen Werken. Wer kann also sagen, was für
 fast alles, auch Mittelmäßiges wie zum Beispiel immer seinen (Museums–)Wert verloren hat
 pathetisch Vaterländisches, Feld–Wald– und was nur für eine Epoche?
 Wiesen–Malerei, Martialisches und Kurioses.6    Wichtigstes Argument der Museumsleute
 Alles hat einen Markt. Auch alles, was ist der Stifter. Wer schenkt einer Sammlung
25 keinesfalls in die Sammlung eines Hauses60 noch etwas, wenn er fürchten muss, es eines
 passt. Tages auf dem Markt wiederzufinden? Andererseits,
4    Auf dem Dachboden des Hamburger Museums Stiftungen haben oft ein beträchtliches
 für Kunst und Gewerbe wurden neulich Qualitätsgefälle – ist ein Verkaufserlös
 drei afrikanische Skulpturen entdeckt, die sich nicht eher im Sinne einer Schenkung als die
30 in keine Abteilung des Hauses sinnvoll einordnen65 Verbannung ins Depot?
 lassen. Ihren Wert schätzte das Auktionshaus7    Wichtig ist, dass die Rechtsträger das
 Christie’s auf rund zwei Millionen Thema einmal öffentlich diskutieren und den
 Euro. Ein Geschenk des Himmels? Mitnichten. Museen erlauben, im Magazin Inventur zu
 Verkauft werden darf in Hamburg kein machen.
35 Museumsbesitz. Darunter leidet beispielsweise

Rheinischer Merkur