| Mächtig sein, aber anonym bleiben, ist seit je der Traum der |
| Manager von einem erfüllten Leben. Ihnen dieses Glück nicht zu |
| leicht zu machen ist die Aufgabe der Journalisten. Dafür müssen sie |
| Zeit investieren. Auf die schnelle Tour ist den Herren nicht |
5 | beizukommen. Aber Dagmar Deckstein hatte es eilig. |
| Herausgefordert vom Absturz der Wirtschaftsprominenz und von |
| Josef Ackermanns sibyllinischem¹ Wort, er lebe in einer Welt, die |
| „nicht öffentlich darstellbar“ sei, traute sich die renommierte |
| Wirtschaftskorrespondentin der Süddeutschen Zeitung einen |
10 | Schnellschuss zu. Von Ende August letzten Jahres bis Anfang |
| Februar streifte sie durch „die wundersame Welt der Manager“, um |
| die Wahrheit über ihr Dasein und Sosein zu entdecken. |
| Um sie für ihr Vorhaben zu gewinnen, sicherte sie ihnen |
| Anonymität zu. Die feine journalistische Art ist das nicht, aber da |
15 | man schon lange darauf wartet, einem der zugeknöpften Chefs bei |
| seinen Selbstgesprächen zu lauschen, siegt die Neugier: Mal sehen, |
| ob das Ergebnis die Methode rechtfertigt. Zu erzählen gäbe es viel: |
| über die smarten jungen Analysten, die den Chefs im Nacken sitzen. |
| Über die Fondsmanager, zu denen sie nach London pilgern müssen, |
20 | um sich sagen zu lassen, dass die Rendite nicht hoch genug ist. Das |
| wäre spannend. [id:83454] klagen die Herren ihr Leid: Sie sind |
| „durchgetaktet“, ihr Arbeitstag hat 25 Stunden. Sie sind die Besten, |
| haben aber eigentlich kein Leben. Ist das alles? Und dafür wollten |
| sie anonym bleiben? Das ist entschieden zu wenig. |
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| Die Zeit, 06/2009 |