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Die Gleichberechtigung der Mütter fehlt

Die Gleichberechtigung der Mütter fehlt

Bevölkerungsschwund und ungenügende Familienpolitik bedingen einander

Von Martina Fietz

1 "Bevölkerungspolitik". Der Begriff ist    auch-niemand-zu-kurz-Fragezeichen" verse-
 belastet. Umso bemerkenswerter ist es, dass45 hen lassen. Dass es so weit kommen kann,
 Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber erfordert Hilfestellungen. Der Politik bieten
 ihn jetzt zur Diskussion stellt. Dabei ist der sich Ansatzpunkte für die Gleichberechti-
5 Titel der Debatte an sich unerheblich. Ent- gung der Mütter. Da wäre beispielsweise die
 scheidend ist, dass sie endlich geführt wird, verlässliche Schule. Gerade im Grundschul-
 handelt es sich doch um eine der größten ge-50 bereich muss gewährleistet sein, dass Kinder
 sellschaftspolitischen Herausforderungen. zu festgesetzten Zeiten betreut werden.
2 Die Überalterung der Gesellschaft und4 Auch die Wirtschaft hat Möglich-
10 das Sinken der Bevölkerungszahlen lassen keiten, Müttern ihre Aufgabe zu erleichtern.
 sich nicht allein unter dem Etikett der Zu- Nach wie vor hat sich in den Chefetagen
 wanderung regeln. Es wäre töricht, nicht zu55 noch nicht die Erkenntnis durchgesetzt, dass
 fördern, was in allen Sonntagsreden zu Teilzeitbeschäftigte vielfach konzentrierter
 Recht als das größte Kapital einer Gesell- und engagierter ans Werk gehen als ihre
15 schaft angesehen wird: die Kinder, die Kollegen, die den gesamten Tag über im
 zukünftigen Generationen. Einer ernsthaften Einsatz sind. Darüber hinaus werden noch
 Auseinandersetzung mit dem Thema dienen60 längst nicht alle Möglichkeiten der moder-
 indes nicht die altbekannten Totschlag- nen Heimarbeit ausgeschöpft. Nach wie vor
 argumente, die Verfechter einer aktiven haben die Chefs ihre Mitarbeiter lieber in
20 Familienpolitik wollten die Frauen wieder ihrer Nähe, anstatt mit ihnen über Telefon
 an den Herd zurückholen. Im Gegenteil: Es oder Computer zu kommunizieren.
 geht um eine konsequente Fortführung der565 Andererseits muss über die Folgen
 Emanzipationsbewegung. Das heißt, um es von Flexibilität und Mobilität nachgedacht
 mit den Worten des Verfassungsrechtlers werden. Beide gelten als absolute Tugend.
25 Paul Kirchhof zu fassen: "Wir brauchen eine Wer sich ihnen verweigert, hat in der Regel
 Gleichberechtigung der Mütter." Die Eman- keine Chance. Der Abschied von der ange-
 zipation der Frauen ist weitgehend erreicht.70 stammten Heimat hat aber zur Folge, dass
 Sie sind Ministerinnen, Parteivorsitzende die Familien zurückbleiben. Großeltern oder
 oder Managerinnen. auch Freunde und Nachbarn, die im Notfall
330 Das Geschlecht ist heute in der Regel für die Kinderbetreuung eingesetzt werden
 kein Karrierehindernis mehr. Im Gegenteil: könnten, sind nicht mehr verfügbar. Ge-
 Häufig wirkt das Frausein sogar vorteilhaft.75 wachsene Strukturen werden zerschlagen -
 Schwieriger ist es dagegen, die Mutterrolle mit allen Konsequenzen für das soziale
 mit dem Beruf in Einklang zu bringen. Das Gefüge.
35 Familienbild des 19. und 20. Jahrhunderts,6 Entscheidend ist, das Wirtschaftsleben
 nach dem die Mutter sich in erster Linie um so auszurichten, dass es ein Leben mit Kin-
 die Kinder zu kümmern hat, ist allen80 dern nicht zu einer extremen Doppel-
 Bildungsoffensiven zum Trotz nach wie vor belastung macht und eine verantwortungs-
 sehr präsent. Überwunden wird es vielleicht volle Erziehung der künftigen Generationen
40 erst, wenn die Töchter der überwiegend im ermöglicht.
 Berufsleben stehenden Mütter selbst Kinder 
 haben und sie die Vereinbarkeit von Familie Die Welt
 und Beruf nicht mehr mit dem "Kommt-da-