Voraussagen zur technischen Entwick- | | Geschichtszahlen büffeln, wozu Formeln im |
lung sind so eine Sache. Als 1835 die erste | | Kopf haben? Dahinter steckt die absurde |
Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth rollte, | | Vorstellung, der Mausklick könne solides |
befürchteten die Menschen bekanntlich | | Wissen [id:5639]. |
Schlimmes. Es kam ganz anders. Auch opti- | | Ebenso absurd ist der Glaube, Tafel und |
mistische Prophezeiungen sind [id:5634], man | | Schulbuch ließen sich vollständig gegen Lern- |
denke an die sagenhafte Intelligenz, die Ex- | | Software austauschen. Es stimmt zwar, dass |
perten einst den Computern vorhersagten. | | Bilder und Grafiken das Lernen erleichtern. |
Wenn diese auch mittlerweile einen Schach- | | Doch Bildungsfachleute warnen auch vor einer |
weltmeister besiegen können, so sind sie bis | | Überbewertung der Bilder, vor einer allzu |
heute weitgehend dumm und ständig absturz- | | eingängigen Darbietung komplexer Zusammen- |
gefährdet geblieben. Vieles lässt sich eben | | hänge, die dem Lernenden suggeriert, die Mühe |
schwer [id:5635] und deshalb wuchern die Spe- | | des abstrakten Denkens [id:5640]. Weder der |
kulationen - so auch im Falle des Internets. | | massenweise Einsatz des Internets noch der von |
Obwohl manche dazu neigen, das Netz als ein | | CD-Roms wird die Schüler also sehr viel |
dämonisches schwarzes Loch anzusehen, aus | | schneller schlauer machen, als Lehrer und |
dem Rechtsradikalismus und Kinder- | | Nachschlagwerke in der Bibliothek dies |
pornographie emporsteigen, überfällt die | | können. Was nicht heißt, dass die technischen |
meisten Menschen heutzutage [id:5636]. Wie | | Hilfsmittel überflüssig sind. Sie können den |
Kinder vor einer Wundertüte, die unbekanntes | | Unterricht des Lehrers sinnvoll ergänzen, |
Ramsch-Spielzeug enthält, glauben sie, dass | | diesen aber nicht ersetzen. |
sich mit dem World Wide Web ihr Leben | | "Einen Laptop für jeden", wie Bundes- |
revolutionär verändern wird. | | bildungsministerin Edelgard Bulmahn gefordert |
Ein paar Vorhersagen werden zwar ein- | | hat, ist deshalb [id:5641]. Es reicht völlig aus, die |
treffen, einiges hat sich schon bewahrheitet. So | | öffentlichen Büchereien und die der Schulen |
werden vor allem Firmen ihre wechselseitigen | | mit Multimedia-Rechnern zu bestücken, als |
Geschäfte ins Web verlegen. Auch manches | | virtuelle Bibliothekserweiterung sozusagen, |
netztaugliche Gewerbe wie das der Reisebüros, | | und in die Klassenzimmer ein paar Geräte zu |
wird sich ändern. Aber Revolutionen? So | | stellen, damit die Schüler etwa im Erdkunde- |
schwer es auch heute fällt, die Segnungen der | | unterricht einschlägige Homepages anschauen |
Computertechnik [id:5637], für eine Epoche | | können. Ganz abgesehen davon besitzen viele |
dramatischen Fortschritts spricht derzeit wenig, | | Schüler zu Hause schon einen Computer, der |
mehr aber für eine kollektive Aufgeregtheit. | | ihnen den Zugang zur schönen Internet-Welt |
Vor allem in der Bildung schreibt man | | verschafft. Warum sollte also jeder noch so ein |
dem Internet geradezu magische Fähigkeiten | | Teil in der Schule stehen haben? |
zu. Jeder Kultusminister möchte in seinem | | Mit den Politikern ist es so: Wenn sie |
Land die meisten Online-Schüler haben, die | | denn einmal chatten oder surfen, blicken sie |
Lehrer sollen gefälligst alle zu Computer- | | [id:5642] auf die Welt, die sich ihnen auf den |
Spezialisten werden. Lernen ade, könnte man | | Bildschirmen offenbart. Je weniger sie davon |
meinen, [id:5638] sind alle Informationen irgen- | | verstehen, umso mehr erhoffen sie sich davon. |
dwo im weltweiten Rechnerverbund gespeichert | | |
und ständig abrufbereit. Wozu noch | | Süddeutsche Zeitung |