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Ein Mausklick ersetzt nicht das Wissen

Ein Mausklick ersetzt nicht das Wissen

Von Jeanne Rubner
Voraussagen zur technischen Entwick-   Geschichtszahlen büffeln, wozu Formeln im
lung sind so eine Sache. Als 1835 die ersteKopf haben? Dahinter steckt die absurde
Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth rollte,Vorstellung, der Mausklick könne solides
befürchteten die Menschen bekanntlichWissen [id:5639].
Schlimmes. Es kam ganz anders. Auch opti-Ebenso absurd ist der Glaube, Tafel und
mistische Prophezeiungen sind [id:5634], manSchulbuch ließen sich vollständig gegen Lern-
denke an die sagenhafte Intelligenz, die Ex-Software austauschen. Es stimmt zwar, dass
perten einst den Computern vorhersagten.Bilder und Grafiken das Lernen erleichtern.
Wenn diese auch mittlerweile einen Schach-Doch Bildungsfachleute warnen auch vor einer
weltmeister besiegen können, so sind sie bisÜberbewertung der Bilder, vor einer allzu
heute weitgehend dumm und ständig absturz-eingängigen Darbietung komplexer Zusammen-
gefährdet geblieben. Vieles lässt sich ebenhänge, die dem Lernenden suggeriert, die Mühe
schwer [id:5635] und deshalb wuchern die Spe-des abstrakten Denkens [id:5640]. Weder der
kulationen - so auch im Falle des Internets.massenweise Einsatz des Internets noch der von
Obwohl manche dazu neigen, das Netz als einCD-Roms wird die Schüler also sehr viel
dämonisches schwarzes Loch anzusehen, ausschneller schlauer machen, als Lehrer und
dem Rechtsradikalismus und Kinder-Nachschlagwerke in der Bibliothek dies
pornographie emporsteigen, überfällt diekönnen. Was nicht heißt, dass die technischen
meisten Menschen heutzutage [id:5636]. WieHilfsmittel überflüssig sind. Sie können den
Kinder vor einer Wundertüte, die unbekanntesUnterricht des Lehrers sinnvoll ergänzen,
Ramsch-Spielzeug enthält, glauben sie, dassdiesen aber nicht ersetzen.
sich mit dem World Wide Web ihr Leben"Einen Laptop für jeden", wie Bundes-
revolutionär verändern wird.bildungsministerin Edelgard Bulmahn gefordert
Ein paar Vorhersagen werden zwar ein-hat, ist deshalb [id:5641]. Es reicht völlig aus, die
treffen, einiges hat sich schon bewahrheitet. Soöffentlichen Büchereien und die der Schulen
werden vor allem Firmen ihre wechselseitigenmit Multimedia-Rechnern zu bestücken, als
Geschäfte ins Web verlegen. Auch manchesvirtuelle Bibliothekserweiterung sozusagen,
netztaugliche Gewerbe wie das der Reisebüros,und in die Klassenzimmer ein paar Geräte zu
wird sich ändern. Aber Revolutionen? Sostellen, damit die Schüler etwa im Erdkunde-
schwer es auch heute fällt, die Segnungen derunterricht einschlägige Homepages anschauen
Computertechnik [id:5637], für eine Epochekönnen. Ganz abgesehen davon besitzen viele
dramatischen Fortschritts spricht derzeit wenig,Schüler zu Hause schon einen Computer, der
mehr aber für eine kollektive Aufgeregtheit.ihnen den Zugang zur schönen Internet-Welt
Vor allem in der Bildung schreibt manverschafft. Warum sollte also jeder noch so ein
dem Internet geradezu magische FähigkeitenTeil in der Schule stehen haben?
zu. Jeder Kultusminister möchte in seinemMit den Politikern ist es so: Wenn sie
Land die meisten Online-Schüler haben, diedenn einmal chatten oder surfen, blicken sie
Lehrer sollen gefälligst alle zu Computer-[id:5642] auf die Welt, die sich ihnen auf den
Spezialisten werden. Lernen ade, könnte manBildschirmen offenbart. Je weniger sie davon
meinen, [id:5638] sind alle Informationen irgen-verstehen, umso mehr erhoffen sie sich davon.
dwo im weltweiten Rechnerverbund gespeichert
und ständig abrufbereit. Wozu nochSüddeutsche Zeitung