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Attraktive Werbespots gegen Zapping

Attraktive Werbespots gegen Zapping

Studie der Universität Hohenheim: Bei Werbeblöcken in Spielshows wird kaum umgeschalten

 Der Fernsehzuschauer zappt bei weitem nicht so   35 > Gezappt wird vor allem bei Werbesendungen in
 viel durch die Programme, wie bisher angenom- der Prime-Time und bei Werbeunterbrechungen in
 men wurde. Er schaltet auch bei Werbeblöcken Spielfilmen; Werbeunterbrechungen in Gameshows
 nicht so oft um, wie in Befragungen angegeben. werden dagegen überdurchschnittlich oft ganz
 Dies geht jedenfalls aus einer Studie der Univer- angeschaut.
 sität Hohenheim hervor.40 > Werbeblöcke zwischen zwei Sendungen, soge-
  nannte Scharnierwerbung, werden vergleichsweise
 Von Jürgen Brand häufiger umgangen.
   Unterschiede im Zapping-Verhalten gibt es laut
 Die Studie wurde von Simon Ottler im Rahmen Ottler je nach Bildung, Alter und Einkommen. Vor
 seiner Dissertation in Hohenheim durchgeführt.45 allem „Frauen, ältere Menschen, formal schlechter
 Betreut wurde die Arbeit von Professor Michael Gebildete, Zuseher mit geringerem Haushaltsein-
 Schenk. Ausgangspunkt war die Frage, welche Kon- kommen sowie Personen aus den neuen Bundeslän-
5 sequenzen die Vermarkter von Werbezeit im Fern- dern" blieben der Werbung besonders treu, heißt es.
 sehen aus dem selektiven TV-Verhalten von Fern- Eine Vorliebe für leichte Unterhaltungsprogramme
 sehzuschauern ziehen müssen. Dafür mußte dieses50 wirke sich günstig auf das Dranbleiben bei Werbe-
 Verhalten ergründet werden. blöcken aus. Das zunehmende Programmangebot
  Ottler wertete Daten der Gesellschaft für Kon führe nicht notwendigerweise zu einer Erhöhung des
10 sumforschung (GfK), die zum Beispiel auch die Ein- Zapping-Verhaltens, so die Studie. Und: „Von einem
 schaltquoten ermittelt, zielgerichtet aus. Die GfK ver- ausgeprägten Vermeidungsverhalten bei Werbung
 sucht, mit ihrem Telecontrol-System sämtliche Ein-55 kann kaum die Rede sein."
 , Um- und Abschaltvorgänge sekundengenau zu erfas-  Für die Vermarktung von Fernsehwerbezeit be-
 sen. Dafür müssen die Mitglieder der ausgewählten deute dies, so Ottler, daß die Attraktivität der Werbe-
15 Haushalte ein ihnen von der GfK zur Verfügung spots erhöht werden müsse, um ein Umschalten zu
 gestelltes Gerät benutzen. Dadurch soll zum Beispiel vermeiden. Dabei seien vor allem die Kreativen in
 auch das Betreten und Verlassen des Zimmers, in dem60 den Werbeagenturen angesprochen, die „eine erhöh-
 der Fernseher steht, erfaßt werden. Untersuchungen te Aktivierung bzw. Emotionalisierung bei den Zu-
 haben ergeben, daß die Geräte in den GfK-Haushal- schauern" erreichen müßten. Scharnierwerbung
20 ten korrekt bedient werden. Nicht erfaßt werden zwischen den Programmen müsse vermieden wer-
 Nebenbeschäftigungen beim Fernsehen. den. Diese geschehe bei vielen Sendern bereits da-
  Ottler wählte für seine Untersuchung eine Woche65 durch, daß die Sendungen fast nahtlos ineinander
 im Oktober 1995 aus, in der es keine besonderen übergingen, jedoch bereits nach wenigen Minuten
 Ereignisse gab. Insgesamt flossen in seine Studie die durch Werbung unterbrochen würden. Eine weitere
25 Nutzungsdaten von 8416 Personen ab 14 Jahren ein. Strategie sei das „roadblocking". Das heißt, „daß
 Aus allen Werbeblöcken dieser Woche wurde eine Werbung möglichst zeitgleich auf allen Kanälen
 repräsentative Stichprobe gezogen. Berücksichtigt70 parallel geschaltet wird."
 wurden die Programme Kabel 1, Pro-Sieben, RTL, 
 RTL 2, SAT 1 und das ZDF. Simon Ottler: Zapping. Zum selektiven Umgang mit
30 Ottler, inzwischen bei RTL 2 beschäftigt, faßt die Fernsehwerbung und dessen Bedeutung für die Ver-
 Ergebnisse so zusammen: marktung von Fernsehwerbezeit. München: Verlag
 Das Zapping-Verhalten wurde bisher über- Reinhard Fischer 1998
 schätzt, die Zuschauer bleiben der Werbung in hö- 
 herem Maße treu als bisher angenommen.75 Stuttgarter Zeitung, 29.8.1998