Background image

terug

Die Wehrpflicht-Armee soll bleiben

Die Wehrpflicht-Armee soll bleiben

11    Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) und der Wehrbeauftragte des
2 Bundestages, Alfred Biehle (CSU), haben sich mit Nachdruck für die Beibehaltung der
3 Bundeswehr als Wehrpflicht-Armee eingesetzt. In der Aussprache über den schon zu
4 Jahresbeginn vorgelegten Jahresbericht 1991 des Wehrbeauftragten wandte sich Rühe im
5 Bundestag gegen Vorschläge für eine Freiwilligen- oder eine Berufsarmee. »Wer dies
6 betreibt, überspannt den Bogen.« Die Wehrpflicht sei Brücke zwischen Volk und Armee.
7 Er wolle keine deutschen Streitkräfte, die Fremdkörper im eigenen Volk seien.
28    Biehle stel1te sich ebenfalls als engagierter Verfechter der Wehrpflicht vor. Jede
9 Berufsarmee birgt nach seiner Ansicht die Gefahr eines Eigenlebens und eines Elite-
10 Bewußtseins in sich, die eine Entwicklung der Armee »zum Staat im Staate« vorantreiben
11 könnte. Die Wehrpflicht verhindere hingegen eine Isolierung der Streitkräfte.
312    Rühe forderte angesichts der neuen Situation nach dem Zerfal1 des Kommunismus
13 und der Wiedervereinigung einen »Mentalitätswandel« zugunsten eines
14 zukunftsweisenden Sicherheitskonzepts. Deutschland werde sich auf Dauer nicht der
15 Pflicht entziehen können, auch an Operationen zur Wahrung und Wiederherstel1ung des
16 Weltfriedens und der internationalen Sicherheit teilzunehmen. »Wir Deutschen müssen
17 Schritt für Schritt Abschied nehmen von der uns auferlegten Zurückhaltung.« Biehle
18 sagte, bei Einsätzen außerhalb des Bündnisgebietes sei für Wehrpflichtige unbedingt auf
19 Freiwilligkeit zu achten, und die Soldaten müßten sozial abgesichert sein.

Süddeutsche Zeitung, 10.11.110.1992