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Kampf um jeden Zentimeter

  KAMPF UM JEDEN ZENTIMETER

    Gekämpft wurde um Zentimeter, einen Sommer lang. Gewonnen hat, wie nicht anders zu
 erwarten war, die Industrie. Die Werbeflächen auf allem, was mit Rennsport auf alpinen Pisten,
 in Loipen und auf Schanzen zu tun hat, sind größer geworden. Als nicht mehr praxisnah hatten
 die Ausrüster die bisherige Regelung bezeichnet. Und was unter praxisnah zu verstehen ist,
5 bestimmten sie. So blieb denn dem Internationalen Skiverband gar nichts anderes übrig, als ja zu
 sagen zum aufdringlichen Werbespiel.
    Im Artikel 211 der Internationalen Wettkampfordnung und seinen Unterabschnitten ist
 nunmehr geregelt, was die Industrie, was die Markenfirmen unter mehr Marktgerechtigkeit
 verstehen. Und der erste Krach ist durch diese zum Teil sehr vage gefaßten Vorschriften schon
10 programmiert. Da heißt es beispielsweise, daß die sogenannte Hardware, das sind Ski, Schuhe,
 Bindung, Stöcke, "in der im Handel erhältlichen Ausführung" zugelassen ist. Prophet muß man wohl
 nicht sein, um vorauszusagen, daß die handelsübliche Ware mit Reklame noch mehr vollgepflastert wird.
 Und weil halt der Internationale Skiverband auch ein Zeichen setzen wollte, das als Auflehnung
 gegen zu aufdringliche Werbung gedeutet werden kann, erließ er eine "Betriebsanleitung" für
15 das Verhalten der Wettkämpfer im Zielraum. Danach ist es den Rennfahrern verboten, im
 Innenraum die Skier sofort nach der Ankunft auszuziehen und zu präsentieren. Außerdem muß
 der Wettkämpfer den Zielraum auf Skiern verlassen. Der Organisator hat dafür zu sorgen, daß die
 Wettkämpfer den Zielraum auf Skiern verlassen können. Zuwiderhandlungen gegen diese
 Vorschriften ziehen unweigerlich Disqualifikation nach sich. Daß sich die FIS* mit dieser Regelung
20 permanenten Streit eingebrockt hat, wird sie spätestens nach dem ersten alpinen Weltcuprennen
 wissen.
 
 Süddeutsche Zeitung, 13.10.1982