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Das Bauen

    Wenn Kommunen bauen, gibt es meistens Ärger. Denn was zum Zeitpunkt des
 Genehmigungsverfahrens durch den Gemeinde- oder Stadtrat noch als gut finanzierbar erscheint,
 entpuppt sich häufig während der Bauphase als Millionengrab für Steuergelder. Eklatantestes
 Beispiel der jüngeren Zeit ist der Münchner "Musentempel" am Gasteig. Als die Stadtväter vor gut
5 fünf Jahren dem Projekt zustimmten, waren hierfür 162 Millionen Mark veranschlagt. Wenn der
 Komplex jedoch 1984 seine Pforten für die Liebhaber der schönen Künste öffnet, wird er nach
 heutigen Erkenntnissen 372 Millionen verschlungen haben.
    Das sich an solche Fälle anschließende Zeremoniell ist bekannt: Es hagelt Schuldzuweisungen,
 der Schwarze Peter wandert von der einen Hand zur anderen, Verantwortliche für solcherlei
10 Misswirtschaft finden sich jedoch selten. Eingeweihte aber wissen, wie diese Überziehungen
 zustande kommen. Da wird von interessierter Seite zunächst ein Projekt lanciert, das aus
 optischen Gründen so knapp wie nur irgend möglich kalkuliert wird. Damit ist jedoch bereits der
 Grundstein für eine Vielzahl von Nachbesserungsnotwendigkeiten gelegt, ohne die das Vorhaben
 seine Funktionen gar nicht in dem gewünschten Ausmass erfüllen könnte. Und was jeder
15 Eigenheimbauer erfahren muss, wenn er nur einige zusätzliche Steckdosen anbringen lassen will,
 wirkt sich bei Großprojekten naturgemäß in Millionenhöhe aus: Regie kosten, das weiß
 mittlerweile jeder, sind das Teuerste am Bau.
    Nun sind solche Kostenüberschreitungen beileibe kein unabwendbares Schicksal, wie sich mit
 wenigen Ausnahmen stets dann erweist, wenn ein Unternehmen ein neues Verwaltungsgebäude
20 oder eine zusätzliche Fertigungshalle errichtet. Würden einem Vorstand oder Geschäftsführer
 ähnliche Kostenüberschreitungen unterlaufen wie den im kommunalen Bereich Verantwortlichen,
 so könnten sie wohl gleich anschließend um ihre Frührente eingeben. In diesen Kreisen bedient
 man sich aber auch seit Jahren einer Einrichtung, die sich bei Großprojekten bestens bewährt hat:
 des Baucontrollings durch selbständige, darauf spezialisierte Unternehmen. Dieser
25 Dienstleistungszweig hat sich rasch zu einer festen Institution im gewerblichen Baubereich
 entwickelt, weil sich immer deutlicher zeigte, dass Architekten als Planer und Überwacher der
 Bautätigkeit häufig überfordert sind und es bei ihnen nicht selten an den betriebswirtschaftlichen
 Voraussetzungen für ein solches Management fehlt.
    Dass sich auf diese Weise Kosten von Beginn an realistisch planen und schließlich auch einhalten
30 lassen, ist nur eine, wenn auch sehr wesentliche Seite der Medaille. Die Aufgabenpalette eines
 solchen Unternehmens ist jedoch ungleich größer. Schon im Vorfeld des Bauvorhabens muss ein
 leistungsfähiger Controller, der sich nicht nur als reiner Verwalter eines ihm anvertrauten Projekts
 versteht, zusammen mit dem Auftraggeber Funktion und Kosten eines Bauwerks miteinander in
 Einklang bringen. Er muss den Bauherrn darauf aufmerksam machen, wenn geringfügige
35 konzeptionelle Änderungen erhebliche Rationalisierungs- und damit Kostenvorteile versprechen,
 ferner sicherstellen, dass die erforderliche Qualität gewährleistet, aber auch nicht überschritten
 wird.
    Gleichzeitig muss er bereits in der Planungsphase versuchen, die Folgekosten zu minimieren,
 auch wenn sich der Bau damit wiederum etwas verteuert. Speziell dieser Punkt, dem angesichts
40 der angespannten Finanzlage der Städte und Gemeinden besondere Bedeutung zukommt, wird
 nach Erkenntnissen der Unternehmensgruppe BRB Baucontrol in Baldham bei München, die im
 Bereich des kommunalen Baus Erfahrungen gesammelt hat, zu wenig berücksichtigt.
 
 Süddeutsche Zeitung, 21.1.1982