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Wenn das Bett zum Schreibtisch wird

Wenn das Bett zum
Schreibtisch wird
1     Manchmal, wenn Steffen Klemm besonders lange auf den Bildschirm
 geschaut hat, wünscht er sich ein richtiges Büro. Wo mal Kollegen
 vorbeischauen, um übers Fußballwochenende zu plaudern, und eine Idee
 fürs aktuelle Projekt mal schnell diskutiert wird. Stattdessen sitzt der
5 Programmierer allein in seinem Home-office.
2     Ein eigenes Büro – das ist laut einer Umfrage für viele ein Traum:
 Mehr als die Hälfte will gern mehrmals pro Woche zu Hause arbeiten.
 Knapp 20 Prozent würden 8 generell lieber in den eigenen vier
 Wänden bleiben. Die Aussichten sind verlockend. Langschläfer können
10 daheim bis in die Nacht am Schreibtisch sitzen und Frühaufsteher schon
 am Nachmittag den Laptop zuklappen.
3     „Jeder kann nach seinem persönlichen Rhythmus arbeiten“, sagt
 Gudrun Sonnenberg. Die Journalistin hat über Home-office und
 Selbstmanagement mehrere Bücher verfasst – und arbeitet selbst oft zu
15 Hause. „Man kann mitten am Tag einkaufen, wenn die Supermärkte leer
 sind, oder am Vormittag joggen gehen. Alles ist flexibler.“ Und: „Man
 findet mehr Ruhe, kann sich besser konzentrieren.“ Wichtig sei vor allem
 eine angenehme Atmosphäre: Man solle den schönsten Platz der
 Wohnung als Arbeitsplatz wählen. Wo man sich wohlfühlt, gern sitzt – und
20 eben auch gern arbeitet. Von einer Schreibtischecke in einem fensterlosen
 Raum rät die Expertin daher ab. Um produktiv arbeiten zu können,
 soll man auf jeden Fall Arbeits- und Privatraum strikt trennen.
4     Weitere Tipps: „Manche ziehen sich morgens an, als wenn sie ins
 Büro gehen würden“, sagt Sonnenberg. Andere legen sich selbst eine
25 Kernarbeitszeit fest, so dass Kollegen und Kunden wissen, wann man
 erreichbar ist. Auch Einsamkeitsgefühle, wie sie Steffen Klemm manchmal
 befallen, seien nicht ungewöhnlich. „Hier helfen virtuelle Netzwerke.“ Das
 richtige Maß zwischen zu viel und zu wenig Arbeit? „Ich habe gute
 Erfahrungen mit To-do-Listen gemacht“, erzählt Sonnenberg.
530     Steffen Klemm, Vater von zwei kleinen Kindern, will vor allem „Familie
 und Beruf gut vereinbaren“ können. „Besonders, wenn eines der Kinder
 mal krank ist, kann man flexibler reagieren“, sagt er. Doch für die Familie
 kann es auch zur Belastung werden, wenn der Schreibtisch gleich
 nebenan steht. Ab und zu arbeitet der 47-Jährige am Wochenende, auch
35 nach dem Abendessen setzt er sich manchmal noch ins Büro. „Da beklagt
 sich oft meine Frau“, sagt Klemm. „Die Trennung von Arbeits- und Freizeit
 verschiebt sich häufig. Und meine Kunden rufen auch mal außerhalb
 normaler Bürozeiten an.“
6     Und die Karriere? „Man sollte sich gut überlegen, wie man sich ins
40 Team einbringen und wie man Kontakte zu Kollegen aufrechterhalten
 kann“, rät Sonnenberg. Ihr Tipp: „Ab und zu sollte man mal Bürotage
 einlegen. Denn im entscheidenden Moment müsse auch der Heimarbeiter
 13 .“
 
 naar: Walsroder Zeitung, 29.12.2012