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Loops am Limit

Loops am Limit

Philip Köster (15), der neue Star am Surfhimmel


(1) In Philip Kösters Leben gab es nur einen Moment, in dem sein Herz tief in die Neoprenhose rutschte. 4,8 Sekunden lang. Eine Ewigkeit, wenn der Wind einen samt Brett und Segel 18 Meter in die Luft schleudert. So geschehen auf Gran Canaria 2008 bei seinem ersten Windsurf-Weltcup. Eigentlich will der damals 14-Jährige seinen Doppelloop präsentieren. Doch den zweifachen Rückwärtssalto vermurkst er. Unerwartet bläst ihn beim Absprung eine Böe empor. Wie ein Papierdrachen segelt der 65- Kilo-Leichtgewichtler bei Windstärke acht in der Luft. „Komm bloß heil wieder runter“, pocht es in seinem Kopf. Doch Philip landet sicher auf Platz neun. Und hüpft nebenbei einen Weltrekord: den höchsten je gemessenen Sprung mit dem Surfbrett.

(2) Sein spontaner Höhenflug hat den jungen Deutschen ins Rampenlicht katapultiert. Fachmagazine preisen den heute 15-Jährigen als „neues Wunderkind“. Demnächst wird er in einem französischen Surffilm rasant die Wellen abreiten. In diesem Jahr hat er erstmals die Senioren auf die hinteren Plätze verwiesen. Auf Sylt wurde er in der Disziplin Wave Freestyle Deutscher Meister. Seinen ersten Weltcup-Titel hat er im spanischen Pozo erkämpft. Damit geht er direkt hinter Altmeister Robby Naish in die Windsurf-Annalen ein, als zweitjüngster Weltcup-Sieger. „Philip hat das Zeug zum Weltmeister“, meint der bis dato erfolgreichste Windsurfer Björn Dunkerbeck.

(3) Philip lebt auf Gran Canaria. In einem Haus direkt am Strand. Mit Dackel Willi, Kater Mikesch, Schwester Kyra, seinen Eltern Linda und Rolf und vielen Besuchern. Denn es vergeht fast kein Tag, an dem nicht mindestens ein Wagen mit passionierten Hobbysurfern vor der Einfahrt parkt. An Kösters Küste in Vargas weht der Wind meist optimal. Und kommt mal die Flaute, sitzt man eben mit Rolf und Linda bei einem Bierchen am Ufer und quatscht über die perfekte Welle.

(4) Für diese Idylle entschieden sich Philips Eltern vor 25 Jahren. Nach 30 einer Afrikareise strandeten die surfbegeisterten Hamburger auf der Kanareninsel. Den Kindern haben sie ihren Lieblingssport früh bei- gebracht. Mit acht Jahren stand ihr Sohn das erste Mal auf dem Brett. Auf den Kanaren ist Strom für Firlefanz wie Fernsehen bis heute knapp bemessen. Nur ein Windrad auf dem Dach erzeugt die Elektrizität fürs Haus.

(5) Jeden Tag reitet Philip drei Stunden die Wellen rauf und runter. Direkt nach der Schule zwängt sich der Zehntklässler in den Neoprenanzug. Die atemberaubenden Tricks hat das Nachwuchstalent im Fernstudium gelernt: „Ich guck Surfvideos und probier die Moves danach auf dem Wasser aus.“ Seit Neuestem tüftelt der Blondschopf auch an Eigen kreationen. Sein irrstes Kunststück nennt er No-handed-one-footed- backloop, vielleicht in Zukunft bekannt als der Köster-Loop. Den freihändigen Rückwärtssalto mit bloß einem Fuß in der Brettschlaufe hat er allerdings bisher nur ein Mal stehend gelandet. Aber abgesehen von solch riskanter Wellenakrobatik findet Philip Windsurfen „baby-leicht“.

(6) Auch wenn man mit dem Trendsport der 80er keine Millionen verdient, will Philip nach seinem Realschulabschluss unbedingt Windsurf-Profi werden. Schon jetzt reist er für die Karriere zwei Monate im Jahr mit seinem Vater von Wettbewerb zu Wettbewerb. Von Maui bis Westerland. Auf Sylt startet er wieder beim Weltcup am 25. September. Nicht gerade sein favorisierter Surfspot. [id:95590] meint Philip allein schon bei dem Gedanken an deutsches Fleecepulli-Wetter. Als bekennende Frostbeule würde er am liebsten nur in hawaiianischen Wellen umherfahren. Besonders den Strand von Hookipa könne er jedem Surfer „wärmstens empfehlen“.

naar: Focus