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Blackberry oder Familie

Blackberry1) oder Familie

Tag und Nacht erreichbar sein, E-Mail-Flut auch auf dem Handy: Professorin
Miriam Meckel fordert Pausen im täglichen Kommunikationsstress
 
   35  Regel auch ein angemessenes Gehalt.
 Aber wenn die Sekretärin nachts um
 zwei noch ein paar wichtige Dokumente
 nach Singapur mailen muss, wo der Chef
 gerade gelandet ist, wird’s problema-
40 tisch.
6     Blackberry-Gegner sehen sogar
 das Familienleben in Gefahr, weil das
 Ding oft auch am Wochenende mit
 dienstlichen Anfragen stört.
45    Eine aktuelle Studie der Universität
 St. Gallen über mobile E-Mails zeigt eine
 deutlich wachsende Tendenz zu Konflik-
 ten im Privatleben von Besitzern dieser
 E-Mail-fähigen Handys. Die Leute wol-
50 len eigentlich nur in Ausnahmefällen zu
 Hause erreichbar sein, sind aber nun
 sieben Tage in der Woche rund um die
 Uhr in Kommunikationsbereitschaft.
 Das bedeutet für ihre Familien und
55  Partner: Sie sind physisch präsent, aber
 ständig abgelenkt. Am Frühstückstisch,
 beim Spaziergang, beim Spielen mit den
 Kindern.
7      Vielleicht sind sie doppelt ge-
1     Frau Meckel, Sie preisen das60 nervt, weil sie mit Banalitäten und
 Glück, unerreichbar zu sein, meldeten  nicht mit wirklich wichtigen Informa-
 sich aber zum Vorgespräch schon  tionen bombardiert werden.
 beim ersten Klingeln Ihres Handys.    Mag sein. Manche Manager glauben
5    Sie haben mich eben zur richtigen aber offenbar, an allen relevanten Ar-
 Zeit angerufen.65 beitsschritten ihrer Mitarbeiter teil-
2    Gönnen Sie sich nur bestimmte haben zu müssen. Sie fürchten sonst,
 Kommunikationsphasen? nicht mehr wichtig zu sein.
    Meine On-Zeit und meine Off-Zeit. 8     Umgekehrt überfluten viele Mit-
10  Hätte ich gelesen, E-Mails beantwortet arbeiter in Unternehmen aus eigenem
 oder einen Vortrag geschrieben, wären70  Antrieb die Postfächer von Rand- und
 Sie in meiner Mailbox gelandet. Nichtbeteiligten mit zahllosen Kopien
3     Aber Frauen sollen doch im Multi- ihrer E-Mail-Tätigkeitsberichte. Woran
 Tasking besonders talentiert sein. liegt das?
15     Zu meinem Bedauern eine widerleg-    Wer permanent bis zu 40 Empfänger
 te Annahme. Für Männer und Frauen75  auf CC setzt, versucht oft nur, seinen
 gilt: Wer viele Dinge gleichzeitig erledi- Arsch zu retten vor der Frage, warum er
 gen will, braucht unterm Strich dafür das betreffende Problem nicht selbst
 länger als der, der sie einzeln abarbeitet. löst. Meist sind es doch nicht mehr als
420     Ihr Blackberry blinkt, eine frische drei Leute, die über ein Projekt auf dem
 E-Mail wartet auf Sie.80  Laufenden gehalten werden müssen.
    Lassen wir ihn blinken. Meistens Alle anderen Empfänger werden durch
 merke ich das sowieso nicht, weil er die CCs [id:55038].
 sonst in meiner Tasche steckt. Ich gucke 9      Aus [id:55038] wird Zorn, wenn E-
25  morgens drauf, mittags und abends,  Mails oder SMS grammatikalisch und
 beantworte eingegangene und schreibe85  orthografisch nur entfernt an die
 neue E-Mails, und dann schalte ich ihn deutsche Sprache erinnern.
 aus. Ich bin durchaus gut erreichbar,    Eine Ansprache und ein Gruß, kor-
 möchte aber selbst bestimmen [id:55035]. rekte Rechtschreibung und komplette
530     Das können sich viele Manager Sätze sind ein Muss. Das Argument,
 aber nicht leisten. Permanente90  neue Medien brauchten eine eigene
 Erreichbarkeit gehört zu ihrem Job. Sprache, halte ich für [id:55039]. Das ist
    Grundsätzlich ist das in Ordnung. einfach ein Gebot des Respekts.
 Schließlich zahlt die Firma dafür in der

noot 1: Blackberry: mobiele telefoon met internet- en e-mailmogelijkheden