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Zoff-Training für die neue Chefin

Zoff¹-Training für die neue Chefin

Seminarleiterin Ute Wörner will Frauen für Führungspositionen fit machen

Eigentlich sind Frauen die geborenen   Doch auch die Theorie des Führens
Chefs: Sie sind innovativer und entschei-kommt nicht zu kurz: Hauptaufgaben einer
dungsfreudiger als Männer, sorgfältiger, ehr-Führungskraft, Führungsinstrumente, Kon-
licher, sogar sachlicher. Dass sie diefliktstrategien, Fragetechniken sowie das
[id:6353] Vorgesetzten sind, ist laut der franzö-kleine ABC des Delegierens werden durch-
sischen Zeitung L'Entreprise sogar belegt:gesprochen. Das alles gilt allerdings für
Die Publikation kam nach der Durch-männliche Vorgesetzte [id:6358] für Frauen -
leuchtung von 22 000 Unternehmen zu demund scheint somit auf den ersten Blick vom
erstaunlichen Ergebnis, dass die von FrauenSeminarthema wegzuführen. Doch der Refe-
geführten Firmen zweimal schneller als derrentin gelingt es meist - mitunter auf
Durchschnitt wachsen und doppelt so ren-Drängen der Seminarteilnehmerinnen - die
tabel sind.Kurve Richtung Frau gerade noch zu
So weit, so schön. Doch in der beruf-kriegen. So werden etwa anhand von Fall-
lichen Realität haben die meisten Frauen mitbeispielen - auch persönlichen - von den
ihrer Chefrolle [id:6354] Schwierigkeiten. DennTeilnehmerinnen Lösungsvorschläge für
wenn alles so leicht und selbstverständlichFührungskräfte erarbeitet, die die Stärken
wäre, müsste es Seminare wie "Frauen füh-weiblicher Vorgesetzter einbeziehen sollen.
ren besser?!" ja gar nicht geben. Und die gibtWörners Tipp für fast alle komplizierten
es nicht nur, sie werden auch immer häufigerFälle: "Reichen Sie Ihrem Mitarbeiter, mit
nachgefragt. Das weibliche Führungspro-dem Sie Probleme haben, erst einmal die
blem ist schnell umrissen: Frauen [id:6355] Zoff.Hand."
Ob es sich um die neue AbteilungsleiterinWas aber, wenn der widerwillige Unter-
handelt, die ihrer Freundin und nun plötzlichgebene überhaupt nicht auf die junge,
unterstellten Mitarbeiterin keine eigentlichfreundliche Chefin hören will? "Bei völlig
angebrachte Abmahnung verpassen möchte,uneinsichtigen Mitarbeitern muss man
oder um die junge Marketingleiterin, die die[id:6359] den Chef rauskehren und sagen: Sie
Aussprache mit einem dreißig Jahre älterenmachen das jetzt, wie ich es will", so die Se-
Mitarbeiter scheut, der sich ebenfalls um denminarleiterin. Frauen tendierten zwar dazu,
Posten beworben hatte und nun Macht-"harmonisieren zu wollen. Aber Frauen in
kämpfe provoziert. "Haben Sie bloß keinFührungspositionen müssen nun mal be-
schlechtes Gewissen", rät Ute Wörner, diestimmte Dinge mitmachen, wenn sie Erfolg
Seminarleiterin. "Das Aussprechen von Lobhaben wollen." Wenn es hart auf hart
und Tadel gehört zu den klassischenkommt, so Ute Wörner, wird die Chefin
Führungsaufgaben. Sie werden dafür bezahlt,eben auf [id:6360] zurückgreifen müssen. Was
Kritik an ihren Mitarbeitern zu üben."nutzen ihr also die soziale Kompetenz und
Ein gut Teil der Seminarzeit wirddie Kommunikationsfähigkeit? Ihr vielleicht
[id:6356] darauf verwendet, genau solche Kritik-zunächst nicht viel, wohl aber ihren Mit-
gespräche in Dreiergruppen durchzuspielen.arbeitern. Während männliche Vorgesetzte
Die Rollenverteilung: eine Chefin, eine zuder Meinung sind, sie müssten Lob und Ta-
kritisierende Mitarbeiterin und eine Be-del [id:6361] erteilen, sind Chefinnen der An-
obachterin, die nach dem Gespräch ihre Ein-sicht, dass auf jede Kritik mindestens drei
drücke wiedergibt. Das Resultat: Auch inmotivierende Situationen entfallen sollten.
einem Konfliktgespräch scheut sich die Vor-Wer arbeitete da nicht lieber unter einer
gesetzte gerne, direkt auf das Problem zuzu-Frau?
steuern. [id:6357] tendieren Chefinnen dazu,
bereits im Gespräch von sich aus LösungenBerit Schmiedendorf, in: Süddeutsche
für Konflikte anzubieten - eine Aufgabe, dieZeitung, 4./5.11.2000
eigentlich der Mitarbeiter übernehmen sollte.


¹ Zoff = Streit