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Zwölf Euro Prämie für einen Schwarzfahrer

FREIZEITKONTROLLEURE

Zwölf Euro Prämie für einen Schwarzfahrer

Was es bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) angeblich nicht gibt, ist anderswo längst üblich: ein Kopfgeld für jeden ertappten Schwarzfahrer. In Dresden erhalten Kontrolleure einen Euro pro Person. Mehr Geld wird in Gera gezahlt: zwölf Euro. Dort gibt es auch eine besondere Unterart dieses Berufs: den Freizeitkontrolleur.
Früher war es beim Geraer Verkehrsbetrieb (GVB) so wie in anderen Unternehmen dieser Branche: Hauptamtliche Kontrolleure fragten Fahrgäste nach ihren Tickets. "Doch der Krankenstand war sehr hoch, die Leistungen unterschiedlich und verständlicherweise wünschten sich gerade die langjährigen Kontrolleure, nicht immer nur tagein, tagaus Fahrausweise prüfen zu müssen", berichteten GVB-Geschäftsführer Norbert Vornehm und seine Sprecherin Sabine Stiebale in der Zeitschrift "Der Nahverkehr". Auch waren die fünf bis acht Mitarbeiter gut bekannt, die "Kontrollgefahr" war gering.
Im April 2002 führten die Ostthüringer ein neues Konzept ein. Niemand sollte mehr ständig Fahrkarten prüfen - wie in Berlin konnte dies auch in Gera ein frustrierender Job sein. Nun gilt: Wer sich in "kundenorientierter Fahrausweisprüfung" schulen lässt, kann in seiner Freizeit Geld hinzuverdienen - vorausgesetzt, die vorgeschriebenen Ruhezeiten werden eingehalten. Wann und wo sie tätig werden, bleibt den inzwischen 51 Freizeitkontrolleuren überlassen.
"Die Wirkung der neuen Vorgehensweise war durchschlagend", so Vornehm und Stiebale. 2000 und 2001 waren im Durchschnitt 414 Schwarzfahrer pro Monat erwischt worden - nach der Einführung des Konzepts waren es 1 254. Offenbar fühlen sich jetzt mehr Fahrgäste gezwungen, ein Ticket zu erwerben: Anfang dieses Jahres wurden 33 Prozent mehr Einzelfahrscheine und Tageskarten verkauft als Anfang 2002. Bei den hauptamtlichen Kontrolleuren fraßen die Personalkosten die Einnahmen aus dem erhöhten Beförderungsentgelt auf - bei jedem Fall verbuchte der GVB zuletzt 20,40 Euro Verlust. Die neuen Freizeitkontrolleure erwirtschaften dagegen einen Gewinn: pro Schwarzfahrer 6,70 Euro.


Berliner Zeitung