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Die Chinesen Kommen

Die Chinesen kommen

 (1) Manchmal ist das Verhalten der Besucher aus dem Reich der Mitte für
 Deutsche gewöhnungsbedürftig - doch Besserung ist in Sicht. In chinesischen
 Reiseführern werden Europafahrer neuerdings ermahnt, nicht so lautstark zu
 palavern, das Spucken auf den Boden sowie das Rülpsen im Restaurant zu
5 unterlassen. Auch sei es im Westen „nicht üblich, im Schlafanzug auf die Straße
 zu gehen“. Die Hamburger Publizistin Sylvia Lott hat das heikle Thema der
 deutsch-chinesischen Missverständnisse erforscht - im Auftrag des Deutschen
 Industrie- und Handelskammertags. Ihr Büchlein „Was Sie schon immer über
 chinesische Touristen wissen wollten“ soll hiesigen Geschäftsleuten helfen, am
10 Boom zu verdienen. Denn die Zahl der Besucher aus dem ostasiatischen
 Riesenland wächst von Jahr zu Jahr stark: 2006 kamen 441 000.
 (2) Lott ermittelte in vielen Gesprächen mit Chinesen und deutschen China-
 Experten, was den Besuchern aus Ostasien hier gefällt - und auch, was nicht.
 Großes Plus von Doi Tse Lan (Deutschland): der blaue Himmel, die weißen
15 Wolken, die frische Luft, die Stille, die Fachwerkhäuser und natürlich
 Neuschwanstein (2. Bild). Aber ebenfalls die schnellen Autos und das moderne
 Ambiente. Beim letzten Punkt sind jedoch auch Enttäuschungen zu vermelden.
 „Unsere Kreisstadt hat mehr Hochhäuser als Frankfurt“ oder „Selbst Kanton ist
 moderner als Berlin“ sei da zu hören. Chinesen falle es schwer zu verstehen,
20 dass hier die Gebäude älter, die Straßen schmaler und die Staus kürzer sind als
 in den Boom-Städten zu Hause - und die Deutschen dennoch wohlstandsmäßig
 die Langnase noch vorn haben.
 (3) Sylvia Lott ermuntert ihre deutschen Leser, den Gewohnheiten und
 Geschmäckern der Gäste besser Rechnung zu tragen, um diese nicht zu
25 verscheuchen. Denn es handelt sich um frohe Shopper: Luxusartikel sind hier
 zehn bis 35 Prozent billiger als in China - die Kopien haben sie ja schon zu
 Hause. Oft müssen sogar lange Einkaufslisten für Verwandtschaft und Kollegen
 abgearbeitet werden. Sollten sich die Chinesen in Doi Tse Lan erst richtig wohl
 fühlen, bleiben sie vielleicht auch etwas länger. Bislang üblich: zwei Tage.