1 | 1 | | Christopher und Anne sind befreundet. Ein ganz normales Pärchen. Eigentlich |
| 2 | | nichts Ungewöhnliches. Doch von ihrer Beziehung weiß niemand, nicht einmal ihre |
| 3 | | engsten Freunde. Denn Annes Eltern sind gegen diese Freundschaft, und deshalb können |
| 4 | | sie sich nur heimlich treffen. |
2 | 5 | | »Ich habe immer dies es schlechte Gewissen wegen der ständigen Notlügen«, klagt |
| 6 | | Anne, 16, die zwischen Freund und Eltern hin - und hergerissen ist. »Eine spontane |
| 7 | | Verabredung ist da einfach nicht drin. Ich muß jedes Treffen mit Chris vorab planen und |
| 8 | | die Clique, den Jugendtreff oder eine Freundin vorschieben.« |
3 | 9 | | Bis jetzt hat es ja noch jedesmal geklappt, aber was tun, wenn die Eltern Annes |
| 10 | | angebliche Verabredungen überprüfen und alles rauskommt? Achselzucken. Auf die se |
| 11 | | Frage wissen beide keine Antwort. Der 17jährige Christopher meint nur: »Wir tun doch |
| 12 | | nichts Verbotenes. Was ist schon dabei, wenn wir unsere Freizeit gemeinsam verbringen?« |
4 | 13 | | Annes Eltern sehen das ganz anders. Seit sie Christop her und Anne einmal |
| 14 | | zusammen in einem Café gesehen haben, bearbeiten sie ihre Tochter regelmäßig. »Damals |
| 15 | | ging bei uns zu Hause richtig der Punk ab«, erinnert sich Anne, die die Litanei schon |
| 16 | | auswendig kennt. Jedesmal, wenn sie dieses Thema anspricht, bekommt sie zu hören: »Jetzt |
| 17 | | brauchst du doch noch keinen Freund«, »Du bist noch viel zu jung dafür und verbaust dir |
| 18 | | damit doch nur deine Jugend« oder »Die Schule ist wichtiger, lern' lieber und bring' gute |
| 19 | | Noten nach Hause, damit mal was Ordentliches aus dir wird.« |
5 | 20 | | Anne kann diese Sätze schon nicht mehr hören. »Ich kann nur schwer glauben, daß |
| 21 | | es bei anderen Mädchen zu Hause auch so rund geht, wenn sie ihren ersten Freund |
| 22 | | anschleppen«, sagt Anne und holt tief Luft. »Warum habe ich bloß so altmodische |
| 23 | | Eltern?« |
6 | 24 | | Christophers Eltern sind da zum Glück nicht so streng. Er ist sicher, daß er »mit |
| 25 | | ihnen eigentlich über alles reden kann«, Trotzdem wissen auch sie nichts über ihn und |
| 26 | | Anne. Die beiden gehen nämlich in dieselbe Klasse, und ihre Eltern kennen sich flüchtig. |
| 27 | | Wäre Christophers Familie eingeweiht, könnte durch einen dummen Zufall alles ans Licht |
| 28 | | kommen. |
7 | 29 | | Außerdem fühlt sich Christopher durch das, was Annes Eltern so vom Stapel lassen, |
| 30 | | wie mit einem Makel behaftet: »Wenn ich Probleme mit Drogen, Alkohol oder schlechten |
| 31 | | Umgang hätte, dann könnte ich das ja noch verstehen. Und irgendwie fühle ich mich von |
| 32 | | ihnen auch in diese Ecke gedrängt. Aber ich bin kein 'bad boy', sondern ein ganz normaler |
| 33 | | Junge.« |
8 | 34 | | Die ständige Heimlichtuerei belastet natürlich die beiden und ihre Beziehung |
| 35 | | zueinander. Sie können sich nicht so locker und frei bewegen wie andere, wenn sie sich |
| 36 | | treffen. Das Verbotene, der Vertrauensbruch gegenüber den Eltern, den sie eigentlich gar |
| 37 | | nicht wollen, die Angst vor Entdeckung sind ihre ständigen Begleiter. |
9 | 38 | | Die beiden sind sich einig: So kann es auf die Dauer nicht weitergehen. |