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Sechsmal die Woche zum Besendienst

11    Jeden Werktag haben Nadine (14) und Bruder Benjamin (11) Kircheis aus
2 Lüdenscheid im märkischen Sauerland »Dienst«. Dann greifen sie zu Besen und
3 Kehrblech und verlassen ihre Wohnung. Ihr Ziel liegt 5 Minuten entfernt: der Standort
4 eines Papier- und eines Glascontainers.
25    Nadine und Benjamin sind »Recycling-Paten«, kurz »RePa« genannt. Wie Dutzende
6 anderer Lüdenscheider Bürger haben sich die beiden verpflichtet, den Container-
7 Stellplatz in der Nähe ihrer Wohnung sauberzuhalten und hier täglich nach dem rechten
8 zu schauen. Immer wieder mal haben bequeme oder eilige Zeitgenossen leere Flaschen
9 einfach am Glascontainer abgestellt, statt sie einzuwerfen. Rowdys haben ein paar leere
10 Pullen zertrümmert.
311    »Das ist dann besonders ärgerlich, dann müssen wir auch noch die Scherben
12 aufkehren«, erzählt Nadine, während sie eifrig den Besen bewegt. Aber zum Glück hat die
13 Stadt Lüdenscheid vorgesorgt. Sie hat nicht nur jedem Recycling-Paten Besen, Schaufel
14 und Handschuhe gestellt, sondern die Container-Plätze gepflastert. »So lassen sie sich viel
15 leichter sauberhalten.«
416    Die Klassenkameraden in Nadines Realschule und Benjamins Gymnasium haben erst
17 mal groß geschaut, als sich die beiden für ihr Amt meldeten. »Aber die meisten finden das
18 gut, und einige aus unseren Schulen haben dann auch mitgemacht«, sagt Benjamin. Er und
19 seine Schwester finden es toll, »was für den Umweltschutz zu tun«. Aber - zugegeben auch
20 das Geld hat sie gelockt, Denn die Stadt Lüdenscheid zahlt ihren Recycling-Paten
21 jeden Monat 50 Mark. Nadine und Benjamin teilen sich diesen Betrag. »Ich kann die 25
22 Mark zu meinen 14 Mark Taschengeld natürlich gut brauchen«, freut sich Nadine, die
23 kräftig für die nächsten Ferien spart.
524    Die beiden Lüdenscheider hatten mit ihrem Container-Platz übrigens Glück, »Eine
25 Klassenkameradin gab ihre Patenschaft wieder auf. Ihr Platz war immer wieder total
26 verdreckt, überall wurden die Flaschen hingeworfen und auch zertrümmert. Und dann
27 haben Leute auch noch Tüten mit Hausmüll dort abgeladen.« Deshalb sind Nadine und
28 Benjamin froh, daß die meisten der »Kunden« in ihrem Bezirk die Flaschen ordentlich
29 einwerfen. Auch mit dem nebenstehenden Papier-Sammelbehälter gibt es kaum
30 Probleme,
631    Versteht sich, daß Nadine und Bruder Benjamin auch zu Hause darauf achten, daß
32 das Altglas extra entsorgt wird und in den Container wandert. Und in der Klasse und im
33 Bekanntenkreis wird für die Wertstoffsammlung eifrig geworben.
734    »Früher waren wir nicht so umweltbewußt«, gibt Nadine zu. »Aber das getrennte
35 Sammeln von Papier und Glas ist doch eine prima Sache.«
836    Die beiden Lüdenscheider haben nicht nur schon gelernt, daß die Müllsortierung
37 wertvollen Deponieraum schont, sondern auch, daß Glas und Papier wiederverwendet
38 werden.
939    Über das große Interesse an dem neuen städtischen Ehrenamt freut sich auch Lothar
40 Hein vom Reinigungs- und Fuhramt Lüdenscheids. »Wir haben 70 Container-Standorte.
41 Die können wir unmöglich alle mit unserem eigenen Personal sauberhalten.«
1042    Die Stadt Lüdenscheid hat sich ihren besonderen Container-Dienst etwas kosten
43 lassen. 30 000 Mark wurden bereitgestellt, um die »RePa« zu bezahlen.

Stafette, April 1991