1 | 1 | | Als sehr ordentliches Völkchen gelten die Schwaben. Doch bald werden sie ihre |
| 2 | | Schäufelchen und Besen einpacken und das Straßenkehren einstellen. Der Grund: Die |
| 3 | | Kiesel machen die Mülltonne schwer. Und das kann teuer kommen. |
2 | 4 | | In Billigheim, einem 5600 Seelenörtchen im Schwäbischen, ist es bereits so. »Bei uns |
| 5 | | wird jede Mülltonne gewogen. Und jedes Kilo Müll kostet den Bürger 15 Pfennig. Dies |
| 6 | | zusätzlich zur Grundgebühr von 74 Mark jährlich pro Tonne«, sagt Bürgermeister Ronaid |
| 7 | | Schwammel. |
3 | 8 | | Billigheim steht stellvertretend für die vielen Städte und Gemeinden quer durch die |
| 9 | | Republik, die eifrig nach Modellen suchen, wie unsere Mülldeponien und |
| 10 | | Verwertungsanlagen entlastet werden können. 250 Millionen Tonnen Müll sind es, die |
| 11 | | derzeit noch im Jahr anfallen. |
4 | 12 | | Kaum allerdings gibt es ein optimales Modell, weniger Müll zu produzieren. |
5 | 13 | | Bleiben wir in Billigheim und werfen einen näheren Blick auf die Mülltonnen, die |
| 14 | | dort stehen: Jede von ihnen hat einen Microchip mit den Daten des jeweiligen Bürgers. |
| 15 | | Wenn das Müllauto vorfährt, kommt die Tonne auf eine elektrische Waage, die am Auto |
| 16 | | angebracht ist. Das ermittelte Müll-Gewicht wird im Führerhaus auf einem |
| 17 | | Computerstreifen ausgespuckt. Die Daten werden gespeichert und das Geld vom Konto |
| 18 | | des Bürgers abgebucht. Hört sich gut an - ist allerdings teuer. Bürgermeister Schwammel: |
| 19 | | »Noch immer muß der Abfallunternehmer sehr häufig fahren. Solange die Müllabfuhr den |
| 20 | | Bürger jährlich zwischen 200 und 300 Mark kostet, lohnt sich dieses Modell nicht. Erst bei |
| 21 | | 900 bis 1000 Mark pro Müllgefäß«. |
6 | 22 | | Zur Sache in Sachen Müll geht's derweil in Augsburg: Der hier für die Entsorgung |
| 23 | | zuständige Kommunalreferent Reinhold Wenniger will mit einer gerade verabschiedeten |
| 24 | | Satzung Abfall-Sündern das Handwerk legen: Wer in der Schwaben-Stadt in Zukunft |
| 25 | | Papier nicht in die dafür vorgesehene »Grüne Tonne« oder Glas nicht in Sammelcontainer |
| 26 | | wirft, sondern in die graue Restmüll-Tonne, muß bis zu 1000 Mark Strafe berappen. |
| 27 | | Kontrollieren sollen das die Müllwerker direkt vor Ort. Verstöße melden sie dann der |
| 28 | | Stadt. Die ermahnt zunächst. Wenn dann immer noch Papier in der Tonne zu finden ist, |
| 29 | | wird sie solange nicht geleert, bis es verschwunden ist. Fragt sich nur, nach welchen |
| 30 | | Maßstäben kontrolliert wird: Wieviel Papier darf sich in der Tonne befinden, bevor die |
| 31 | | Stadt an der Tür klingelt? |
7 | 32 | | Doch gehört das, was der einzelne Bürger in seine Mülltonne wirft, nicht zur |
| 33 | | Privatsphäre, in der im wahrsten Sinne des Wortes nicht herumgewühlt werden darf? |
| 34 | | Zumal, wenn die Kontrolleure wissen, von wem der Abfall stammt? Wie weit sind wir |
| 35 | | dann noch vom Blockwart entfernt, der die Oberaufsicht führt? |
8 | 36 | | Beim Kampf um den Müll ist das Argument berechtigt, man müsse das Problem bei |
| 37 | | der Wurzel packen. Das heißt, die Produzenten von immer aufwendigeren |
| 38 | | Verpackungsmaterialien sollten für die Abfallbeseitigung verantwortlich gemacht werden |
| 39 | | und nicht die Bürger. Doch auch sie müssen mithelfen, Müll zu vermeiden. Und auch die |
| 40 | | mühevolle Sortierung des Mülls durch den Bürger läßt sich wohl in Zukunft nicht |
| 41 | | umgehen. |