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« Danke, das war's. Ich will nicht länger stören... »

Arthur Brauss hat beim »Großstadtrevier« gekündigt. Warum, das erzählt er hier.

11    Ein Mann in Jeans und Turnschuhen im Englischen Garten (1) »Grüß Gott, Herr
2 Polizist!« begrüßen ihn die Münchner Spaziergänger. Der Mann mit der Boxernase
3 lächelt. Fünf Jahre lang war Arthur Brauss, 54, der Polizeihauptmeister »Richard Block« in
4 der Vorabendserie »Großstadtrevier«, er wird erkannt, er ist beliebt. Trotzdem hat er jetzt
5 gekündigt. »Der Abschied«, sagt er, »ist mir sehr schwer gefallen. Aber wenn eine Rolle
6 keinen Spaß mehr macht, hat es keinen Zweck.« Die Hintergründe für den Rückzug vom
7 Tatort nennt er hier:
28    Die Sache mit dem Dramaturgen namens Hirschberg: Im letzten Jahr habe ich in der
9 Vorabendserie »Der Fahnder« eine Gastrolle gespielt - einen ziemlich miesen, kriminellen
10 Typ namens »Hirschberg«. So stand's im Drehbuch, ich hatte darauf keinen Einfluß.
11 Daraufhin bekam ich einen Brief unseres Hamburger Dramaturgen Dieter Hirschberg, der
12 beim »Großstadtrevier« für die Drehbücher zuständig ist. Herr Hirschberg unterstellte mir ,
13 die Namensgleichheit absichtlich herbeigeführt zu haben. Er fühlte sich und seine Familie
14 dadurch beleidigt. Ich habe sofort durch die Produktionsfirma schriftlich klarstellen lassen,
15 daß ich keinerlei Einfluß auf die Namensgleichheit hatte - vergebens. Herr Hirschberg
16 blieb bei seiner Ansicht, ich hätte ihn und seine Familie beleidigen und mit Dreck
17 bewerfen wollen. Ob dieser Mann noch die Unbefangenheit besitzt, eine Serie zu betreuen,
18 in der ich eine Hauptrolle spiele? Ich hatte nach diesem Vorfall so meine Zweifel. ..
319    Die Sache mit dem Dilettantismus: Ich bin fast 30 Jahre im Beruf, und es gibt halt
20 Sachen, die mich ärgern. Ich ärgere mich über unnötige Wartezeiten: weil ein
21 Laiendarsteller seinen Satz nicht hinkriegt, woher auch, er hat diesen Beruf ja nicht
22 gelernt. Aber das ist die herrschende Einstellung: wird laut Drehbuch eine Serviererin
23 gebraucht, setzen alle darauf, daß am Drehort-»Restaurant« schon jemand ' rumlaufen
24 wird, der schnell die Rolle übernimmt.
425    Die Sache mit den Arbeitsbedingungen: Bei Drehs im Ausland steht den ganzen Tag
26 über ein Versorgungswagen da, die Schauspieler brauchen sich nur zu bedienen. Hier
27 mußte ich mir für 50 Pfennig je Flasche das Mineralwasser bei der Produktion kaufen. Ich
28 find's. mit Verlaub, auch unglücklich, daß ich mir in den Drehpausen einen Wohnwagen
29 mit meiner Kollegin Mareike Carrière teilen mußte. Ich habe das moniert. Bin ich deshalb
30 schwierig?
531    Die Sache mit der Mitsprache: Wer an seiner Rolle hängt, und ich habe den
32 »Richard Block« gern gespielt, der möchte glaubhaft sein. Der leidet regelrecht, wenn die
33 Charaktere von Folge zu Folge flacher werden, der hebt den Finger, wenn ihm logische
34 Brüche auffallen. In einer Folge z.B. waren alle Revierbeamten plötzlich komisch. »Wieso
35 das?« hab' ich den Regisseur gefragt. »Das stimmt doch so gar nicht. . Ich habe oft
36 nachgefragt, das stimmt. Und gerne gesehen wurde das nicht. Manchmal habe ich das
37 Gefühl, Schauspieler sind Menschen zweiter Klasse. Und jeder, der sich mit seiner Rolle
38 ernsthaft auseinandersetzt, der stört.
639    Die Sache mit dem Dramaturgen Hirschberg und meiner geänderten Rolle im
40 »Großstadtrevier«: Erst wurde mir gesagt, der »Richard Block« solle in den Innendienst
41 versetzt werden. So weit, so gut. Dann merkte ich plötzlich, daß die Rolle immer kleiner
42 wurde. Ich habe das überhaupt nicht verstanden, weil ich der Meinung bin, ein
43 erfolgreiches Team, nämlich Mareike Carrière und mich, dürfe man nicht
44 auseinanderreißen. Der Dramaturg Dieter Hirschberg sah das anders. »Du bist zu alt, um
45 mit der Carrière einen Flirt zu haben«, Ich habe dann darauf bestanden, rechtzeitig
46 Einblick in die neuen Drehbücher zu bekommen. Das war angeblich nicht möglich.
47 Daraufhin habe ich meine Konsequenzen gezogen. Man will ja nicht länger stören...
noot 1
Englischen Garten: Park in München

aus: HÖRZU