1 | 1 | | »Vor wenigen Monaten noch gehörte ich zum großen Heer der Arbeitslosen«, |
| 2 | | erzählt die ehemalige Gymnastiklehrerin Christine Willschrei (45), »damals war ich ohne |
| 3 | | Hoffnung auf einen Job. Jetzt hat sie mehrere freie Mitarbeiter und kann sich vor |
| 4 | | [id:76657] kaum noch retten. Der Grund: Sie erfand einfach einen neuen Beruf - sie nennt |
| 5 | | sich »Erledigerin«. |
2 | 6 | | Christine Willschrei: »Ich wußte, daß es eine Menge Leute gibt, die ihre Sachen |
| 7 | | nicht gern selbst erledigen.« Heute bringt sie für 100 Mark Autos zum TÜV (2), füttert |
| 8 | | Katzen und führt Hunde spazieren, arrangiert Partys und hört Schauspielern Rollen ab. |
| 9 | | Kurz: Sie hat für alles Zeit, wofür unsereins heute keine Zeit mehr zu haben scheint. |
3 | 10 | | Immer mehr Arbeitslose, Hausfrauen, Studenten, aber auch Angestellte in sicheren |
| 11 | | Positionen wagen den Schritt [id:76658]. Und manche versuchen sich dabei in |
| 12 | | Dienstleistungsberufen, die nicht nur neu sind, sondern auch Zukunft haben. Franz |
| 13 | | Schoser, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelstages: »Diese |
| 14 | | Existenzgründungen sind richtig und wichtig, denn in unserer hochentwickelten |
| 15 | | Industriegesellschaft geht der Trend [id:76659] in Richtung Dienstleistung.« |
4 | 16 | | Eine echte Marktlücke glauben auch Richard Lugmeir (35) und Harald Wetzberger |
| 17 | | [id:76661] entdeckt zu haben. Die beiden Diplomforstwirte betreiben Münchens einzigen »Bio18 |
| 18 | | Fleischladen«, Fleisch garantiert ohne Antibiotika und andere Hormonrückstände, Wurst |
| 19 | | ohne Nitritsalze. Lugmeir: »Ich möchte konkret etwas [id:76660].« |
5 | 20 | | Einen Service, der sparen hilft, bieten Karl Wesenauer und Wolfgang Dippel an. Die |
| 21 | | beiden Bauingenieure aus Gräfelfing bei München sind »Baukostenplaner«, Das heißt: Sie |
| 22 | | vergleichen mittels Computer eine Vielzahl von Angeboten und Katalogen für den |
| 23 | | Bauherrn, dem meist [id:76661] fehlt, und schlagen ihm dann die für ihn günstigste |
| 24 | | Lösung vor. Wesenauer: »Dadurch kann ein Bauherr schon mal bis zu 80 000 Mark |
| 25 | | [id:76662].« |
6 | 26 | | Für Helmut Radspieler ist [id:76663] das erste Gebot. Der 29jährige Medizinstudent |
| 27 | | beliefert seine 80 Kunden mit frischen Brötchen, Milch und Milchprodukten. »Manche |
| 28 | | Leute brauchen ihre Semmeln schon um 5 Uhr 30«, erklärt er, »sich verschlafen ist da |
| 29 | | nicht drin.« |
7 | 30 | | Gewiß, Existenzgründungen solcher Art sind immer mit [id:76664] verbunden, aber |
| 31 | | ihre positiven Seiten überwiegen bei weitem. »Diese [id:76665] ermöglicht wieder die |
| 32 | | Teilnahme am gesellschaftlichen Leben«, meint Wolfgang Schröter vom |
| 33 | | Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung. Und Peter Gemählich von der |
| 34 | | Bundesanstalt für Arbeit weiß: »[id:76666] Einzelkämpfer brauchen bald Mitarbeiter. Das |
| 35 | | entlastet den Arbeitsmarkt.« |