| | | Yvonne ist erst 15 - aber schon Umwelt-Expertin |
1 | 1 | | »Es stinkt zum Himmel!« Diese knallharte Feststellung, vorgetragen in |
| 2 | | anklagendem Tonfall, hat Yvonne Zymolka im Lauf der letzten Monate mehr als einmal |
| 3 | | zu hören bekommen - gemeint war nämlich ihr Klärschlamm¹. Ein Jahr lang hat die |
| 4 | | 15jährige Essenerin mit dem übelriechenden Abfallprodukt aus Kläranlagen |
| 5 | | experimentiert. Doch am Ende hat sich die »Stinkarbeit« gelohnt : Mit ihrem Beitrag |
| 6 | | »Minderung der Schwermetallkonzentration in Klärschlämmen und Flußsedimenten²« |
| 7 | | gewann die blonde Gymnasiastin beim Bundeswettbewerb »Jugend forscht« in |
| 8 | | Dortmund den 3. Sonderpreis : 1000 Mark. |
2 | 9 | | Dabei war Yvonne nur durch einen Zufall darauf gekommen, ihre Nase einmal |
| 10 | | etwas tiefer in das übelriechende Thema zu stecken. »Während eines Kajakausflugs |
| 11 | | beobachtete ich, wie ein Lastwagen an einer Kläranlage mit Klärschlamm beladen |
| 12 | | wurde«, erzählt die Schülerin. »Die Fracht war für die Sondermülldeponie bestimmt.« |
| 13 | | Warum dieser Umstand ? fragte sich das junge Mädchen, warum verteilen sie das Zeug |
| 14 | | nicht einfach auf den benachbarten Feldern ? Die Antwort war: Der Schlamm ist mit |
| 15 | | giftigen Schwermetallen verseucht. |
3 | 16 | | Bei »Jugend forscht« 1987 mitzumachen, das hatte Yvonne sich sowieso |
| 17 | | vorgenommen. Und nun war für sie auch schlagartig das Thema klar. Aber erst einmal |
| 18 | | mußte sie an Klärschlamm kommen - ein Problem. Doch gegen eine Kiste Bier und das |
| 19 | | Versprechen, keine Namen zu nennen, rückten Mitarbeiter einer Kläranlage schließich |
| 20 | | ein paar Proben der giftigen Rückstände heraus. Yvonne konnte mit ihrer »anrüchigen« |
| 21 | | Arbeit beginnen. Allerdings nicht im Hause. Der Gestank ihres Forschungsmaterials |
| 22 | | kroch durch jeden Spalt. Also zog sie in die Garage um, das Auto wurde ausquartiert. |
4 | 23 | | » In den vergangenen Monaten habe ich dort oft Nachtschichten mit einem großen |
| 24 | | Pott Kaffee eingelegt«, erzählt Yvonne. »Manche Versuche dauerten bis zu 20 Stunden.« |
| 25 | | Es hat sich gelohnt, denn am Schluß fand die junge Umweltforscherin heraus, wie der |
| 26 | | Anteil an giftigen Schwermetallen im Klärschlamm verringert werden kann, was unter |
| 27 | | Umständen eine Weiterverwertung de s Schlammes möglich macht. Dieses Ergebnis war |
| 28 | | ein weiterer Erfolg für die begabte Yvonne. Denn es ist bereits das dritte Mal, daß die |
| 29 | | Nachwuchsforscherin bei einem Wettbewerb ausgezeichnet ab schneidet. |
5 | 30 | | Mit 13 schon gewann sie beim »Jugend forscht«-Regionalwettbewerb in Duisburg |
| 31 | | den ersten Preis. Den bekam sie für die Erfindung eines Aktivkohle-Filters, der |
| 32 | | verhindert, daß Schwefel und andere Schadstoffe ins Autoinnere dringen. »Die Idee |
| 33 | | hatte ich, weil mir beim Autofahren immer übel wurde von all dem Gestank«, erinnert |
| 34 | | sich Yvonne. |
6 | 35 | | Im vergangenen Jahr siegte sie dann beim Landeswettbewerb mit einem Katalysator |
| 36 | | für Haushaltheizungen. »Das war doch eine einfache Sache«, sagt sie bescheiden und |
| 37 | | vergißt dabei ganz, daß ein Energiekonzern ihre Heizungsfilter als Modell in eine |
| 38 | | Werbeserie genommen hat. |
7 | 39 | | Viel Freizeit geht drauf für Yvonnes liebstes Hobby, die Naturwissenschaften. |
| 40 | | Klavier- und Ballettunterricht blieben dabei auf der Strecke. Kontakt zu ihren |
| 41 | | Klassenkameradinnen pflegt sie kaum. »Aber ich komme sowieso besser mit Jungen |
| 42 | | aus«, sagt die Schülerin, »die anderen Mädchen reden über Dinge, die mich nicht |
| 43 | | interessieren .« Das ist schon so, seit sie denken kann. Schon als Kind experimentierte sie |
| 44 | | lieber mit ihrem Chemie-Baukasten - teils unter Anleitung von Vater Michael Zymolka |
| 45 | | (38, Chemotechniker von Beruf) -, al s mit Puppen zu spielen. |
8 | 46 | | Yvonnes Mutter Antonia (36) war das zwar gar nicht recht. Auch heute hat sie es |
| 47 | | noch nicht aufgegeben, ihre Tochter für die, wie sie es nennt, »schönen Dinge« zu |
| 48 | | interessieren, für Musik und Kunst. Doch die junge Umweltexpertin weiß genau , was sie |
| 49 | | will: als Wissenschaftlerin Karriere machen. » Ich strebe mehr danach, eine Sekretärin zu |
Klärschlamm: zuiveringsslib, slib dat na het zuiveren van afvalwater achterblijft
Flußdediment: bezinksel, slib dat zich op de bodem van een rivier afzet