1 | 1 | | Prinzessinnen sind stets von einem Hauch Unnahbarkeit und Unwirklichkeit |
| 2 | | umgeben, der sie von »Normalsterblichen« unterscheidet, aber auch so seltsam |
| 3 | | anziehend macht. Und ob es sich um eine »wirkliche« oder um eine Zirkus-Prinzessin |
| 4 | | handelt, ist dabei ziemlich unwesentlich. Schließ1ich leben beide in einer Welt, deren |
| 5 | | Glanz und Flitter für Außenstehende unwiderstehlich erscheint. Hinter der Fassade, im |
| 6 | | goldenen Käfig, sieht es häufig anders aus. So auch bei Christel Sembach-Krone, |
| 7 | | Zirkus-Prinzessin und Juniorchefin des Circus-Krone, Europas größter rollender |
| 8 | | Zeltstadt. |
2 | 9 | | »Schwierig« nennen viele die einzige Enkeltochter des legendären Zirkusgründers |
| 10 | | Carl Krone. Andere halten sie für exzentrisch und »stur«, »Was sie sich in den Kopf |
| 11 | | setzt, das schafft sie auch. Das hat sie vom Großvater«, beschreibt Frieda |
| 12 | | Sembach-Krone ihre Tochter. »Schwierig« ist sie sicherlich. Wenn damit gemeint ist, dass |
| 13 | | sie ihr Privatleben von der Öffentlichkeit abschirmt, ihren großen amerikanischen |
| 14 | | Wohnwagen, der mit zwei Zimmern, Küche, fließendem Wasser und Stromanschluß ein |
| 15 | | rollendes Appartement ist, nicht einfach für jedermann öffnet. »Schwierig« ist »die |
| 16 | | Christel«, die in diesem Jahr ihren SO. Geburtstag feiert, auch, weil sie nicht jeden |
| 17 | | Fototermin wahrnehmen will, der von ihr verlangt wird. |
3 | 18 | | Oft übersehen die , die sie so bezeichnen, allerdings, dass nicht nur Hochnäsigkeit |
| 19 | | oder Unwillen im Spiel sind, sondern auch Zeitmangel. Christel Sembach-Krone ist |
| 20 | | Unternehmerin. Die Romantik der früheren Menagerien ist vorbei. Im Zeitalter moderner |
| 21 | | Medien kann der Zirkus nur bestehen, wenn er »wie ein Industrieunternehmen« geführt |
| 22 | | wird, wie die in jüngeren Jahren erfolgreiche Kunstreiterin betont. |
4 | 23 | | »Wir sind überlebensfähig« , sagt sie, »wenn wir gut sind. Das Programm darf die |
| 24 | | Leute nicht verdummen, muß Tempo haben, abwechslungsreich sein.« Dafür gibt es bei |
| 25 | | Krone einen großen Verwaltungsapparat. Programmeinkäufer fliegen um die ganze Welt , |
| 26 | | um sich Nummern anzusehen und die besten schließ1ich einzukaufen. Immerhin muß bei |
| 27 | | den Sommertourneen das 5000-Personen-Zelt, das über eine Million Mark gekostet hat, |
| 28 | | gefüllt werden. |
5 | 29 | | Bei der vergangenen Tournee ist das Konzept aufgegangen. »Wir hatten fast überall |
| 30 | | ein volles Haus«, zieht die Chefin, deren Mutter Frieda mit ihren 70 Jahren daheim im |
| 31 | | Münchner Krone-Bau das Zepter schwingt, stolz Bilanz. 27 Städte in der Bundesrepublik |
| 32 | | und den Niederlanden haben sie bereist. 1,6 Millionen Besucher kamen von April bis |
| 33 | | November »zu Krone«, um Artisten und Dompteure aus zwölf Nationen zu bewundern. |
6 | 34 | | »Wir jonglieren mit Unsummen«, erklärt Frau Sembach-Krone. »Unsere Festkosten |
| 35 | | liegen bei täglich fast 40 000 Mark. 400 Menschen sind bei uns angestellt.« Diese |
| 36 | | Verantwortung drückt. Das Bild der verwöhnten Zirkus-Prinzessin, die auf Rosen |
| 37 | | gebettet, mit den Fingern schnippt und Pferde im Kreis herumlaufen läßt, stimmt nicht. |
7 | 38 | | Das wichtigste für Christel Sembach-Krone ist ihre Arbeit mit Tieren. Über 80 |
| 39 | | Hengste stehen im Krone-Marstall, die täglich von ihr - neben den beiden Vorstellungen |
| 40 | | - in der Manege trainiert und bewegt werden müssen. »Ich muß vor allem darauf achten, |
| 41 | | dass sich bei den aggressiven männlichen Tieren keine Machtkämpfe anbahnen«, |
| 42 | | beschreibt sie ihre Arbeit. Dafür braucht sie Geduld und nicht die knallende Peitsche. |
8 | 43 | | Geerbt hat sie ihre »Hand für Tiere« sicherlich von beiden Eltern. Ihr Vater, der |
| 44 | | vor zwei Jahren verstorbene Senior Carl Sembach, setzte sie schon vor sich aufs Pferd, |
| 45 | | bevor sie überhaupt laufen konnte. Ihre Kindheit, wie bei vielen ihrer Generation von |
| 46 | | Kriegswirren überschattet, die auch den Zirkus nicht verschonten, war fast »königlich«. |
| 47 | | Immer mit verständnisvollen Eltern zusammen, Unterricht vom Privatlehrer (»Ich habe |
| 48 | | nie eine Prüfung ablegen müssen«), Spielkameraden aus allen Nationen, umgeben von |
| 49 | | Tieren. |