1 | 1 | | Der Braune Pelikan setzt zum Sturzflug an und taucht nach Beute. Wenige |
| 2 | | Augenblicke später kämpft der Vogel um sein Leben. Verzweifelt versucht er, sich aus |
| 3 | | den Maschen eines Fischernetzes zu befreien. Vergeblich. Hoffnungslos verstrickt hängt |
| 4 | | er in der Falle. |
2 | 5 | | Tage danach entdecken Spaziergänger den Wasservogel am Strand der |
| 6 | | kalifornischen Pazifikküste. Mit eingezogenem Hals hockt er im Sand. Als er die |
| 7 | | Menschen sieht, will er fliehen. Aber er kann nicht. Ein F1ügel fehlt, ein Bein ist |
| 8 | | gebrochen. Die Leute liefern den schwerverletzten Pelikan beim Meerestierpark »Sea |
| 9 | | World« von San Diego ab. |
3 | 10 | | Dort hören sie, daß ihr Findling von Menschen grausam verstümmelt wurde. »Ein |
| 11 | | Verbrechen«, sagt die amerikanische Vogelkundlerin Paula Klier vom »Sea World«-Park. |
| 12 | | »Wenn wir doch bloß einen von diesen Kerlen erwischen würden.« Doch bisher wurde |
| 13 | | noch kein Tierquäler auf frischer Tat ertappt. So können die Amerikaner nur vermuten, |
| 14 | | daß Fischer die Täter sind. Die Tierschützer nehmen an, daß sich die Pelikane auf ihrer |
| 15 | | Nahrungssuche in den Netzen verheddern, und dann von den Fischern, die um ihren |
| 16 | | Fang fürchten, so übel zugerichtet werden. Dutzende der seltenen Braunen Pelikane, die |
| 17 | | als gefährdete Vogelart unter strengstem Schutz stehen, hat man in den vergangenen |
| 18 | | Jahren verstümmelt an der Pazifikküste gefunden. Mit gebrochenen Flügeln oder Beinen |
| 19 | | und sogar mit abgehackten Schnäbeln. Paula Klier: »Die meisten Tiere haben wir wieder |
| 20 | | aufgepäppelt und in die Freiheit entlassen. Aber viele sind leider so hilflos, daß sie ewig |
| 21 | | hierbleiben müßten.« Deshalb wird es oft zu eng im »Sea World«-Park. |
4 | 22 | | So wie jetzt. Über zweiundzwanzig der Patienten schwebte bereits das Todesurteil. |
| 23 | | Denn die Direktion sah sich nicht länger in der Lage, ihr Überleben sicherzustellen. |
5 | 24 | | Doch da fiel einem der Herren im fernen San Diego plötzlich der Vogelpark |
| 25 | | Walsrode in der Lüneburger Heide ein, der mit 6000 Vögeln aus 900 verschiedenen Arten |
| 26 | | der größte auf der Welt ist. Die »Sea World«-Leute schrieben einen Brief nach |
| 27 | | Deutschland und baten um Hilfe. Die Antwort kam prompt und fiel positiv aus. »Wir |
| 28 | | waren erleichtert«, sagt Paula Klier. |
6 | 29 | | Aber nun tauchte das nächste Problem auf. Wie sollten die Vögel ihre neue Heimat |
| 30 | | erreichen? Dafür war kein Geld vorhanden, und die Zeit drängte. Zwei Pelikane waren |
| 31 | | nämlich schon an Lungenentzündung gestorben. »Sea World« organisierte deshalb eine |
| 32 | | Spendenaktion. Das magere Ergebnis: 750 Dollar - viel zu wenig. Wieder drohte den |
| 33 | | Sorgenkindern der Tod. Und wieder hatten sie Glück. Diesmal sprang die Deutsche |
| 34 | | Lufthansa ein. Die Luftlinie mit dem Kranich als Wappentier bot spontan an, die |
| 35 | | Pelikane samt ihrer Betreuerin Paula Klier kostenlos zu transportieren. Von Los Angeles |
| 36 | | via Frankfurt nach Bremen. |
7 | 37 | | Im Blitzlichtgewitter der Fotografen nahmen Paula Klier und ihre prominenten |
| 38 | | Schützlinge am Flughafen Abschied. |
8 | 39 | | Jetzt sollen die Pelikane aus Kalifornien in Walsrode für gesunden Nachwuchs |
| 40 | | sorgen. »Bei einer so großen Gruppe müßte das eigentlich klappen«, hofft Klaus |
| 41 | | Trogisch. Nicht mehr als ein oder zwei Eier allerdings legen die Weibchen pro Jahr. Das |
| 42 | | hat die Natur so eingerichtet. Nach der Regel: Je weniger Feinde ein Tier hat, desto |
| 43 | | weniger Nachwuchs bekommt es. |
9 | 44 | | Nur: Die Natur hat nicht mit dem Menschen als Feind gerechnet. |