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Himmlische Zukunft für den Zeppelin

11     In einem riesigen Feuerball zerplatzte am 6. Mai 1937 der Stolz der Deutschen: Der
2 Zeppelin »Hindenburg« stürzte nach seiner 37. Atlantiküberquerung bei der Landung
3 auf dem amerikanischen Flugplatz Lakehurst südlich von New York ab. 36 Menschen
4 kamen dabei ums Leben. Die Katastrophe von Lakehurst ging in die Geschichte der
5 Luftfahrt ein. Und nie wieder kamen danach Zeppeline richtig in die Luft.
26     Dennoch: Die Idee der »Leichter-als-Luft-Technik« blieb in den Köpfen von
7 Konstrukteuren unverändert wach. Von Zeit zu Zeit stiegen auch immer wieder
8 neuentwickelte Luftschiffe auf. Allerdings mit ständig sinkendem Erfolg.
39     Ausgerechnet jetzt - im Zeitalter der Überschallflieger und der Jumbo-Jets -
10 scheinen die aufgeblasenen Flugmonster von gestern zu neuem Leben geboren zu sein.
411     Denn in einer Zeit, da alle notgedrungen ans Sparen denken, erinnert man sich an
12 den großen Vorteil des Zeppelins gegenüber dem Flugzeug - den geringen
13 Treibstoffverbrauch. Luftschiffe werden - ähnlich wie Luftballons - durch Gas am
14 Himmel gehalten; zur Vorwärtsbewegung benötigen sie verhältnismäßig kleine Motoren.
515     Auch für einen deutschen Zeppelin gibt es wieder große Chancen, in die Luft zu
16 kommen: für den »Heli-Truck« (Heli- Laster). Luftfahrtingenieur Jürgen Bothe hat ihn
17 zusammen mit der Zeppelin-Luftschiffbau in Friedrichshafen am Bodensee und der
18 deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) entwickelt: »Der
19 'Heli-Truck' ist eines der fortschrittlichsten Luftschiffe der westlichen Welt«, sagt Bothe,
20 der in New York ein Verkaufsbüro eröffnet, weil die Amerikaner eher erkennen, wo und
21 auf welche Weise man Luftschiffe wirtschaftlich einsetzen kann.
622     Größter Vorteil des deutschen Modells: Es kann wie ein Hubschrauber überall
23 starten und landen, sogar auf dem Wasser, ohne daß Bodenpersonal zur Verfügung
24 stehen muß. Der Zeppelin läßt sich mit Hilfe der Rotoren selbständig ans Ufer
25 manövrieren.
726     Das bei Zeppelinen im Prinzip »klassische« Anlegemanöver, bei dem das
27 Luftschiffbei der Landung mit Seilen an einem Mast festgezurrt werden muß, benötigen
28 dagegen noch die »Skyships« der Engländer, die bereits in zwei Prototypen Testflüge
29 absolvieren. Wenn diese Luftschiffe eines Tages in Serie gehen, sollen in riesigen
30 Kabinen unter dem prallgefüllten Rumpf 280 Autos und 750 Menschen in etwa zehn
31 Stunden von London nach Rom geflogen werden können. Allerdings ist das nichts für
32 Leute, die es eilig haben, vor allem, wenn der Gegenwind zu kräftig bläst...
833     Da die neuen Luftschiffe mit nichtbrennbarem Heliumgas fliegen, kann sich eine
34 Katastrophe wie die von Lakehurst nicht wiederholen. Die 247 Meter lange
35 »Hindenburg« war damals mit 190 000 Kubikmeter hochexplosivem Wasserstoff gefüllt.
936     Die Zeppeline der Zukunft könnten sogar völlig auf herkömmlichen Treibstoff
37 verzichten. Denn die riesigen Flächen der Außenhaut sind geradezu ideal für eine
38 Beschichtung mit Solarzellen geeignet, die genügend Energie zum Nulltarif an die
39 Motoren liefern. Bis die Sonne untergeht.
 
     Bunte Illustrierte, 25.8.1983