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Ohne Bäcker geht es nicht

Ohne Bäcker geht es nicht

11     Natürlich haben auch die Bäcker spezifische Sorgen: der Konkurrenzkampf mit
2 den Brotfabriken ist hart und bedarf der ganzen Einfallsfülle, um ihn erfolgreich zu
3 bestehen. Dazu kommt, daß der Brotpreis immer auch ein politischer Preis war, er konnte
4 nicht analog zum Kostendruck heraufgesetzt werden. Und ein Drittes: Es fehlt an
5 Nachwuchs.
26     Nanu, werden Sie fragen, wieso denn das - es gibt doch eine große
7 Jugendarbeitslosigkeit! Eben. Das wundert, erklärt sich aber auch, zumindest teilweise.
8 Immer noch wird dem Bäckerhandwerk eine »harte« Arbeitszeit nachgesagt, und das
9 war früher wahrlich auch der Fall. Ein Meister erinnert sich: »Ich mußte als Lehrling um
10 sechs Uhr anfangen und dann um 22 Uhr auch noch die Heizung prüfen.« Diese Zeiten
11 sind vorbei; das Jugendarbeitsschutzgesetz garantiert die Fünftagewoche und 40
12 Stunden Arbeitszeit; Jugendliche ab 16Jahren dürfen ab fünf Uhr, unter 16Jahren ab
13 sechs Uhr am Backofen stehen.
314     Wir sprechen von den Sorgen der Bäcker; dazu gehört auch die schreckliche
15 Bürokratie. »Sie belastet unsere Betriebe in schier unerträglicher Weise«, sagt uns der
16 Meister, der in Düsseldorf selbst einen großen Betrieb hat. Aus dem handwerklich
17 schaffenden Bäckermeister ist längst ein Mittelstandsmanager geworden, er muß alles
18 können: Personalchef sein, Pädagoge für die Lehrlinge, Buchführung muß er können, -
19 Formulare, Formulare. Allein der Schriftverkehr mit dem Arbeitsamt macht ihm schon
20 graue Haare. Der Meister erinnert sich zudem: »Da wurde uns unlängst zwecks
21 Sicherstellung der Ernährung im Krisenfalle ein 16seitiger Fragenkatalog zugesandt; es
22 kostete mich mehrere Tage Verwaltungsarbeit, um alle Fragen zu beantworten.«
423     Dabei weiß der Meister, und er sagt es auch: »Staatspolitisch mag das notwendig
24 sein ...« Aber es belastet halt außerordentlich. »Staatspolitisch wertvoll« sind die Bäcker,
25 also jene Menschen, die uns das Brot bereiten, schon seit Urväterzeiten. Von der Bibel bis
26 heute reicht der Nachweis ihrer elementaren Unersetzbarkeit. Ob Schneeverwehungen in
27 Norddeutschland vor einigen Jahren, ob Rundumversorgung beim Deutschen
28 Katholikentag in Düsseldorf im Herbst 1982: die Bäcker zeigen sich stets flexibel und
29 einsatzbereit. Kurz gesagt: Auf sie ist auch in Notzeiten und im Stoßgeschäft Verlaß.
 
     Rheinische Post, 26.8.1982