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Abitur mit Hindernissen

Abitur mit Hindernissen

(1) Das Abitur als gesunder Mensch zu bewerkstelligen, ist schon nicht einfach. Aber es mit einer Sehbehinderung zu bestehen, ist noch viel schwieriger. Dennoch hat es Stefan van Haaren, Schüler des Freiherr-vom-Stein- Gymnasiums Kleve, geschafft. Er hat allen Problemen und Schwierigkeiten getrotzt und seine Abiturprüfung erfolgreich abgelegt.

(2) Stefan van Haaren ist nicht komplett blind. Aber er besitzt nur noch fünf bis zehn Prozent der üblichen Sehleistung. Da ist ein „normales Lernen“ nicht möglich. Es braucht Unterstützung. „Die Lehrer haben sich auf mich eingestellt. Zudem stehen mir einige Hilfsmittel zur Verfügung“, erzählt Stefan. Es fängt an bei Kleinigkeiten wie gelber anstatt weißer Kreide, einer extrem sauberen Tafel oder einem Klassenzimmer, das möglichst selten direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist. Es endet bei einem mit Kameras ausgestattetem Lesegerät, das Geschriebenes über einen Bildschirm vergrößert. „Meine Deutschlehrerin hat mir lange Texte auf den MP3-Player gesprochen,damit ich ohne Probleme am Unterricht teilnehmen konnte“, so
Stefan van Haaren.

(3) Begleitet wurde der Ex-Schüler in all den Jahren von Rita Tschauer. Sie hat sich auf blinde und sehbehinderte Schüler spezialisiert. Am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium betreute sie gleich drei Schüler. Wie die Begleitung in Zukunft laufen soll, wenn Schüler mit und ohne Behinderungen gemeinsam in einer Klasse unterrichtet werden sollen, ist noch unklar. Dieser Entwicklung sieht Schulleiter Claus Hösen mit Bedenken entgegen. „Gemeinsames Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderungen ist gut und sinnvoll. Aber wir müssen natürlich auch schauen, was an unserer Schule möglich ist. Rollstuhlfahrer aufnehmen würde hier allein aus baulichen Gründen nicht funktionieren.“

(4) Zurück zu Stefan van Haaren. Ihm stehen auch dank der Hilfe vieler anderer jetzt alle Türen offen. „Ich habe mich unter anderem an einer Fachhochschule in Köln beworben. Mein Ziel ist es, Soziale Arbeit zu studieren und später Schülern mit ähnlichen Problemen wie den meinen zu helfen.“ Wie und ob dort auf Stefans Handicap eingegangen werden kann, wird sich zeigen müssen. Aber er schaut zuversichtlich in die Zukunft.

naar: Kurier am Sonntag,
12.08.2012