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Heiß und fettig

Heiß und fettig

(1) Die Currywurst wurde erst richtig berühmt mit 60. Zum runden Geburtstag der Wurst mit roter Soße eröffnete am 15. August 2009 in Berlin das „Deutsche Currywurstmuseum“. Das Haus legt großen Wert darauf, dass die Currywurst eine Berliner Erfindung ist. Hamburger Ansprüche? Nur eine Legende. Ruhrgebiet? Kam später. Außerdem ist das alles Vergangenheit. Für die Gegenwart billigt das private Museum der fleischigen Jubilarin eine grandiose Erfolgsstory zu: Die Currywurst, so kann man auf der Webseite des Museums lesen, ist „ein Stück Kultur- und Gesellschaftsgeschichte sowie ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor“.

(2)Die erste Begegnung mit einer Berliner Currywurst kann dennoch zu Verwirrungen führen. Am Kurfürstendamm machen japanische Touristen alles genau so, wie es in ihrem dicken Berlin-Führer steht. Sie reihen sich in die Schlange vor dem bekannten Imbiss „Ku195“ ein. Doch dann wird ihnen die gepriesene Spezialität in einer derben Pappschale gereicht, zugematscht mit braun-roter Soße. „Currywurst?“, fragt ein Japaner zur Sicherheit noch einmal zaghaft nach. „Was denn sonst?“, schallt es von der Theke zurück. Die Gäste aus SushiLand ziehen sich leicht verstört an einen Stehtisch zurück und beobachten, wie ihre Nachbarn Sekt zur Wurst ordern. Was für eine seltsame Stadt.
((3) 800 Millionen Currywürste essen die Deutschen im Jahr, heißt es im Museum. In Berliner Luxushotels steht sie manchmal auf der Speisekarte — mit Champagner. Bei schicken Partys gilt sie als hippes Häppchen. In Berlin hat sich die Currywurst an Hunderten Imbissbuden gegen den Döner behauptet. Auch wenn Ernährungsexperten die Portionen als „zu fettig, zu salzig und zu süß“ brandmarken, wird auch das neue BioFastfood kein ernst zu nehmender Gegner für sie werden.

(4)An diese große Karriere der Currywurst mag Herta Heuwer noch nicht gedacht haben, als sie am 4. September 1949 an ihrem Imbissstand in Berlin Tomatenmark, Worcestershire-Soße, Currypulver und andere Gewürze zusammenmischte und über eine gebratene, kleingeschnittene, Brühwurst goss. Für viele ist das die wahre Geburtsstunde der Currywurst. Sicher ist aber nur, dass Heuwer zehn Jahre später ihre Soße unter dem Namen „Chillup“, Wortmischung aus „Chilli“ und „Ketchup“, beim Patentamt in München anmeldete. Das Rezept nahm sie 1999 mit ins Grab.

naar: „Heiß und fettig: Die Currywurst wird (mindestens) 60“, www.n-tv.de, 10.08.2009